Susie Dvoskin organisiert einen Triathlon nur für Frauen in Herzliya, einer Stadt nördlich von Tel-Aviv. In Erinnerung an ihre verstorbene Tochter Tamar starteten in diesem Jahr über 1.000 Frauen. Eine traurige, aber auch inspirierende Geschichte.
Im Jahr 1994 absolvierte Susies ältester Sohn als erster der Familie einen Triathlon. Dort wurden Handzettel mit Werbung für einen Frauentriathlon verteilt. Tamar überredete ihre Mutter daran teilzunehmen. „Wir hatten nur einen Monat zum Trainieren. Ich habe mir ein Fahrrad geliehen und wir haben teilgenommen“, berichtet sie. Natürlich habe sie sich Sorgen gemacht, wie das eine Mutter eben tut. „Es ist während dem Rennen nichts passiert, sie kam gesund ins Ziel – vor mir.“ Sie lacht, wirkt dabei dennoch sehr nachdenklich. Was folgt ist bewegend.
Es ist das Jahr 1996. Die Triathletin Tamar Dvoskin ist im Training auf ihrem Fahrrad unterwegs. Auf einer Straße, die eigentlich für Fahrräder nicht erlaubt ist, auch wenn dort jeder fuhr. „Für den Notfall hatte sie eine Telefonkarte, Handys gab es damals ja noch nicht so viele“, erzählt Susie. „Im Notfall rufe ich an, hat sie immer gesagt.“ Dass der Notfall wirklich einmal eintreten würde, hatte keiner erwartet. Ein betrunkener Autofahrer fährt Tamar an, den Unfall überlebt die damals 21-Jährige nicht. Während ihre Mutter Susie von dieser Geschichte erzählt, muss sie immer wieder stocken, Tränen trocknen und einen Moment inne halten. Für alle Zuhörer ist das ein bewegender Moment.
In Erinnerung an ihre verstorbene Tochter kommen zum darauffolgenden Frauen-Triathlon viele von Tamars Freunden. Gemeinsam mit ihrem Ehemann Danny entschließt sie sich, die Organisation des Triathlons zu übernehmen, der ansonsten nicht mehr weitergeführt worden wäre. Bis heute stecken sie viel Herzblut in diese Arbeit, tragen den (Triathlon-)Spirit von Tamar auch in der Gegenwart weiter. Aus dem Zuspruch der Teilnehmerinnen und den vielen Umarmungen, auch von fremden Starterinnen, nehmen sie die Kraft, um nicht nur mit dem Verlust ihrer Tochter, sondern auch mit ihrer Krebserkrankung umzugehen. „Sport hält mich gesund, ich bin nicht krank“, betont sie. Zierlich ist sie, gebrechlich wirkt sie. Und doch verspürt man in ihrer Gegenwart viel Energie. Eine inspirierende Frau, wie viele von den Teilnehmerinnen sagen.
Groß, klein, dünn oder mit etwas mehr Gewicht – hier beim Women’s Triathlon in Herzliya stehen alle Frauen an der Startlinie. Hier spielt es keine Rolle, wer man ist oder woher man kommt. Die Hauptsache ist, man ist dabei. Dass das Schwimmen in diesem Jahr aufgrund der starken Strömung und hohen Wellen nicht stattfinden kann, stört hier keine der Damen. Anstatt zu Schwimmen müssen die Frauen durch das Wasser joggen – bis zur Hüfte tief im Wasser. Klar könnte man das Schwimmen auch komplett streichen, „doch wir wollen die Staffelteilnehmerinnen nicht enttäuschen“, berichtet Danny. Immerhin sind in diesem Jahr über 100 Staffeln am Start.
Impressionen vom diesjährigen Women-Triathlon in Israel:
Triathlon, so Susie, ist mehr als nur Sport. Es ist eine Art zu leben. „Jede Frau ist eine Gewinnerin“, betont die 69-Jährige. „Es ist egal, ob sie den Triathlon gewinnt oder als Letzte ins Ziel kommt. Sie hat teilgenommen!“ Frauen zu ermutigen, Sport und Triathlon zu betreiben macht sie stolz. Es ist zu einer Lebensaufgabe geworden. Jahr für Jahr wächst die Veranstaltung, lockt immer mehr Starterinnen an und auch ‚alte Hasen‘ kommen immer um die familiäre Atmosphäre zu genießen. Eine Atmosphäre, die zwar einen traurigen Hintergrund hat, aber dennoch vor Fröhlichkeit strotzt. „Jede Frau trägt etwas von Tamar in ihrem Herzen, das ist einfach toll“, sagt Susie freudig, während die nächste Teilnehmerin kommt um sie in den Arm zu nehmen.
Im nächsten Jahr findet der Womens Triathlon am 27. Mai statt. Wieder in Gedenken an die verstorbene Tamar, die einen Tag zuvor ihren 42. Geburtstag feiern würde. Wieder mit hunderten Frauen – voller Begeisterung für den Sport und einem Stück von Tamar in ihrem Herzen, damit die Erinnerung an eine junge Triathletin niemals erlischt.
Text und Bilder: Ann-Kathrin Ernst