Sonnengruß? Kein Problem. Vierfüßlerstand? Easy. Aber spätestens wenn der Krieger oder der Baum und ein SUP Board ins Spiel kommen, wird’s schwieriger – aber das lieben wir Triathletinnen doch, oder?
Ich liebe Wasser – am liebsten mit einem Spitzer Limette, kalt und mit viel Blubber. Aber Sport und Wasser finde ich auch gut: kitesurfen ist top, da kann ich schön von oben ins tiefe Blau gucken. Schwimmen wäre auch eine Möglichkeit. Aber damit habe ich mich in letzter Zeit schwer getan. Könnte daran liegen, dass ich vor drei Jahren keinen einzigen Kraulzug konnte, ohne das halbe Becken leerzutrinken, dann zwar riesige Fortschritte gemacht habe, aber sich nach der ersten steilen Lernkurve einfach nicht mehr viel getan hat. Egal ob ich GA1 geschwommen oder gesprintet bin – ich war immer gleich schnell (langsam) – nur überproportional kaputter. Mein Trainer hat dazu gesagt, ich sei zu unbeweglich im Schultergelenk, zu instabil in der Hüfte und mir fehle die Kraft in der Druckphase. Nicht sehr motivierend. Also habe ich letzten Winter gar nichts mehr für Schwimmtechnik- und Kondition getan und mich dann neulich nach einer ewigen Pause endlich mal wieder zum See bequemt. Denn ich habe mich aus irgendwelchen übereifrigen Nach-Wettkampfs-Schnapsideen (nach der Challenge Roth-Staffel) für meinen erste Langdistanz (2017 in Frankfurt) angemeldet und muss mich jetzt wohl oder übel an diese 3,8 Kilometer im Wasser herantasten.
Also auf zum Blackfoot Beach in Köln. Tuch ausgebreitet, Neo vorbereitet, mental auf Schwimmen eingestellt – Unwetter. So ein Pech, schon wieder kein Training. Aber der Weg hat sich trotzdem gelohnt. Denn ich habe gesehen, wie ein Mädel kurz vorher auf einem SUP Board im Wasser war und dort Yoga gemacht hat. Wie ein eleganter Tanz auf einer wackeligen Unterlage sah die Bewegungsabfolge aus. Ich bin direkt hin und habe mich für den nächsten Tag mit SUP Yoga-Lehrerin Nina Liz Petig zur Probestunde verabredet. Yoga habe ich schon ein paar Mal gemacht – SUP Yoga kriege ich also wohl auch irgendwie hin. Das denke ich über meine erste Langdistanz übrigens auch.
Was ist SUP Yoga überhaupt?
SUP Yoga ist Yoga auf einem Surfboard. Das kann man sich leihen, oder man hat sein eigenes aufblasbares Material, das man zu jedem See mit hinnehmen kann. In einem SUP Yoga-Kurs sind Boardausleihe und Yoga-Lehrerin im Preis enthalten.
Einfache Bewegungen werden zur Herausforderung
Voller Elan bin ich also am kommenden Morgen wieder zum See – immerhin musste ich nicht schwimmen, sondern nur auf´s Wasser. Wir haben Boards und Paddles in der SUP Station geholt, mit Karabinern präpariert, ein kleines Warm-up für Hand- und Fußgelenke am Strand gemacht und dann ging es auf dem Stand Up Paddle Richtung Seemitte. An einer Boje haben wir geankert und sind bei leichtem Wind und minimaler Wasserbewegung immer ein bisschen hin und her geschwabbt – die Leinen haben uns einen Radius von gut drei Metern gegeben. „Festmachen“ war hier also relativ.
Los ging es auf allen Vieren mit „Kuh und Katze“. Die Füße und Hände fest auf dem Board – möglichst mit der gesamten Fläche aufliegend und gespreizt, um die Auflagefläche zu vergrößern – haben wir abwechselnd den Rücken zu einem Buckel gekrümmt und ein Hohlkreuz gemacht. Einfach! Sag ich doch. „Und jetzt heb mal eine Hand ab und streck den Arm auf Schulterhöhe weit von dir“, höre ich Ninas Anweisung. Haha, ist klar. Ok, Neupositionierung der anderen Hand – klappt doch. „Und jetzt nimm das gegenüber liegende Bein hoch.“ Meine allertiefste Bauch- und Rückenmuskulatur tanzte Samba. Ratatatatam – war ich am Zittern. Absetzen, andere Seite – und schon waren die ersten zehn Minuten um. „Beim SUP Yoga braucht man keine großen Kunststücke. Die einfachsten Bewegungen sind hier schon echte Herausforderungen“, erklärt Nina. Recht hat sie.
Das Board verzeiht keine Fehler
Wir wechseln in den Schneidersitz und atmen erst einmal. Ein Kanu mit vier Jungs kommt vorbei. Als wir in den Sonnengruß gehen, bringen die zeitverzögert ankommenden Wellen mich aus dem Konzept. Ich bin die ganze Zeit in „Bereitschaft“, meine Muskeln arbeiten – anders als auf festem Boden. „Da kann man beim Yoga auch mal fahrlässig arbeiten“, so Nina. Auf dem Wasser endet das mit einem Tauchgang. Aber noch bin ich trocken. Ich richte mich auf und gehe in den herabschauenden Hund. Schwindel überkommt mich – kopfüber inklusive Wasserbewegung stabil zu bleiben ist nichts für Warmduscher. Beim dritten Anlauf klappt es. Jetzt bin ich motiviert. Den linken Fuß raupe ich Richtung Boardspitze und mit dem rechten Fuß Richtung wandere ich nach hinten zur Finnenseite. Meine Hände verlassen das Board, dann verlagere ich das Gewicht auf das vordere Bein und erhebe den Oberkörper zum Krieger. Die Arme sind auf Schulterhöhe weit von mir gestreckt. Der Blick geht zu den Fingerspitzen – ich schwanke und… kann mich so gerade noch retten. Es folgen mehrere kleine Flows und ja, langsam werde ich warm. Die Abläufe klappen immer besser und ich glaube ganz so schrecklich sieht es für die Fische da unten nun auch nicht mehr aus. Ich beschäftige mich plötzlich – ob ich will oder nicht – mit meiner Mitte, bin konzentriert und fokussiert. Beim Triathlon selbst kann man auch mal dem Publikum winken, dem Moderator lauschen wenn man in die zweite Laufrunde startet und wenn es im Fuß zwickt weicht man einfach durch eine leicht veränderte Bewegung aus. Das alles geht beim SUP Yoga nicht. „Das Board verzeiht keine Fehler.“ So ist es. Platsch!
Nachhaltiges Training
Das Schöne ist: SUP Yoga ist die perfekte Ergänzung in einer ausgiebigen Triathlon-Vorbereitung – das bestätigt auch Sandra Blanz vom Yogasana Studio in Köln. Sandra ist Yoga-Lehrerin und macht gerne mal einen olympischen Triathlon. Sie sagt: „Yoga und Triathlon geben auf den zweiten Blick ein wahres Traumpaar ab. Rumpfstabilisation durch kraftvolle Asanas und Mobilität durch dehnende und öffnende Körperstellungen bieten Athleten eine optimale Ergänzung und damit eine gesunde Voraussetzung für nachhaltiges Training.“ So lassen sich Verletzungen, Gelenk- und Rückenbeschwerden vorbeugen, aber auch starke Arme und Beine sowie die Fähigkeit Muskeln und Gelenke durch Beweglichkeit optimal einzusetzen fördern. „Benefits, die für gesunde und leistungsfähige Athleten wesentlich sind“, erklärt Sandra. Basis-Yogapositionen wie z.B. der bekannte herabschauender Hund oder die Kriegerpositionen beanspruchen die großen Muskelgruppen und fordern den gesamten Körper. „Sobald die Positionen an Land beherrscht werden kommt auf dem SUP eine weiter Herausforderung dazu: Die Balance. Hierfür ist viel muskuläre Arbeit und Konzentration erforderlich, um den wackeligen Unterkunft unter Kontrolle zu halten.“ Yoga und insbesondere SUP Yoga ist eine wunderbare Mischung aus Ganzkörpertraining und Schulung von Fokus, Konzentration, Ruhe und Geduld – und das alles braucht man bei der Vorbereitung für einen Triathlon.
Nach nur wenigen SUP Yoga-Stunden kann ich schon einen erheblichen Unterschied feststellen: ich bin beweglicher in den Schultern und habe – vielleicht ja dadurch – wieder Spaß am Schwimmen gefunden. Denn ich komm voran. Mit Druck und stabiler Hüfte. Auf dem Rad fühle ich mich nicht mehr eingequetscht sondern gewollt zum Päckchen gefaltet und beim Laufen wackle ich nicht mehr so hin und her. Ich bin nach dem SUP Yoga jedes Mal überaus tiefenentspannt, exzellent gedehnt und auch ein bisschen geschafft. Glücklich geschafft. Wie nach einem Triathlon. Nur anders.
Infos:
SUP Yoga-Kurse gibt es an zahlreichen Seen in Deutschland, z.B.:
Köln, Düsseldorf, Potsdam, Hamburg, Nürnberg, München.
Text: Anita Horn/ahornzeit.de