Mit einem Wahsinnsrennen qualifizierte sich Rike Westermann bei ihrer zweiten Langdistanz in einer Zeit von 9:53 Stunden für den Ironman Hawaii. Wir haben mit der sympathischen Polizeibeamtin gesprochen.
Rike Westermann ist 34 Jahre alt und Polizeibeamtin. 2006 kam die Kölnerin zum Laufen und stand im selben Jahr noch an der Startlinie des Köln Marathons. Davor hatte sie rein gar nichts mit Ausdauersport am Hut und musste sogar in ihrer Polizeiausbildung hart trainieren, um den 5-km-Lauf in der geforderten Zeit zu schaffen. Quasi als Ausgleich begann sie mit 27 Jahren mit dem Triathlon-Sport. 2014 ging es zur Challenge nach Roth und nächsten Monat darf die sportliche Blondine zum Ironman Hawaii.
„Lustig ist, dass ich 2005 schon einmal auf Hawaii war und ich mir auch zufälligerweise den Ironman angeschaut habe. Damals war ich noch leicht pummelig und fand die Athleten komplett verrückt. Ich habe mich gefragt, wie man bloß in dieser Hitze “so etwas” machen kann,“ resümiert Rike heute mit einem Lachen im Gesicht. Wir haben vor der Abreise mit Rike gesprochen
Wo hast du dich für den IM Hawaii qualifiziert und war es eher eine Überraschung oder von langer Hand geplant?
Ich habe mich in Klagenfurt, bei meinem zweiten Langdistanzrennen, qualifiziert. Mein Traum war es, einmal auf Hawaii zu starten, aber ich habe nie damit gerechnet, dass ich die Quali in Klagenfurt schaffe, vor allem, weil es in meiner Altersklasse nur einen Slot gab. Während des Rennens habe ich nie auf die Uhr geschaut. Ich wollte gerne nach ungefähr 10:15 Stunden ins Ziel kommen, aber dafür musste alles passen. 100 Meter vor dem Ziel habe ich dann zum ersten mal geschaut und konnte es kaum glauben. Im Ziel blieb die Uhr dann bei 9:53 Stunden stehen. Im Training habe ich an genau die Zeit gedacht – unter 10 Stunden und mit einer 3 dabei (meine Lieblingszahl). Doch eigentlich war die Zeit komplett utopisch.
Mit welchen Gefühlen und Wünschen trittst Du das Rennen in Kailua-Kona an?
Ich möchte das Rennen auf Hawaii soweit es geht genießen und happy ins Ziel kommen. Ich weiß aber auch, dass es richtig hart wird (Wellen, Salzwasser, Wind, Hitze, glühender Asphalt, oft keine Zuschauer …). Ich habe auf jeden Fall auch einen riesigen Respekt vor dem Wettkampf.
Welches Rennen im Rahmen Deiner Qualifikation lässt Dir im Vorfeld noch einmal das Adrenalin in die Adern schießen?
Ich bin letztes Wochenende noch beim Drei- Zinnen-Lauf gestartet. Das war ein richtig tolles Erlebnis mit vielen asics Frontrunnern zusammen. Da die Strecke aufgrund des Wetters verändert werden musste, galt es 12,5 km auf 1.100 HM zurück zu legen. Außerdem habe ich zwischen dem IM Klagenfurt und Hawaii noch ein Mitteldistanzrennen absolviert. Ansonsten habe ich viel Wert auf das Training gelegt.
Wie bereitest Du Dich auf die Hitze vor?
Puh, dass ist schwierig. Leider reisen mein Freund und ich erst am 2. Oktober an (am 8. Oktober ist der Ironman Hawaii), da wir vorher noch arbeiten müssen. Ich hoffe, dass ich gut mit der Hitze zurecht komme. Zumindest mag ich Rennen bei Hitze lieber als bei Kälte. Und im Rennen werde ich mich immer wieder mit Wasser kühlen.
Wie gehst Du auf Reisen generell mit Jetlag um?
Da ich öfter Nachtdienst gemacht habe, kenne ich die Umstellungen. Die Zeitverschiebung auf der Hinreise finde ich nicht so schlimm. Wir kommen abends an und dann geht es ins Bett. Die Rückreise ist schwieriger. Da halte ich mich dann wirklich wach, um schnell wieder in den normalen Rhythmus zu kommen.
Wie viele Tage vor dem Rennen beginnst Du mit dem Tapering bzw. reduzierst die Umfänge und Intensitäten?
Ich werde die letzten 1,5 bis 2 Wochen die Intensitäten und Umfänge verringern. Am vorletzten Tag mache ich dann wirklich gar keinen Sport. Und am Tag vor dem Wettkampf wird noch mal locker geradelt und gelaufen.
Wie sehen Deine letzten Schwimm-, Rad- und Laufeinheiten vor dem Wettkampf aus und wann machst Du diese?
Die letzte Rad- und Laufeinheit werde ich wirklich am Tag vor dem Wettkampf machen. Ich werde noch mal circa 20 Kilometer ganz locker radeln und dann im Anschluss 4-6 Kilometer laufen und 6 Steigerungen dran hängen. Am Dienstag werde ich ggf. noch ein paar kleine Intervalle ins Lauftraining einbauen. Das werde ich beim Radeln dann am Mittwoch machen. Am Montag und Mittwoch werde ich dann noch ganz locker und kurz schwimmen. Aber alles wirklich im Wohlfühlbereich. Auf Hawaii werde ich versuchen, die Einheiten früh morgens zu machen, damit der Körper durch die Hitze nicht bereits vor dem Rennen geschwächt wird.
Mit welcher Erwartungshaltung nimmst Du das Rennen auf?
Oh je, auch dass ist schwierig. Da es mein erster Start auf Hawaii ist, kann ich das Rennen nicht wirklich einschätzen. Ich möchte mein Bestes geben, ins Ziel kommen und dort auch sagen können, dass ich alles gegeben habe. Bestzeit ist auf Hawaii ohnehin nicht möglich. Und ich nehme Hawaii wirklich als “Bonbon” und freue mich einfach, dass ich es dorthin geschafft habe.
Wer sind die großen Favoriten auf den Gesamtsieg bei den Herren/Damen?Ich denke Jan Frodeno und Daniela Ryf. Es wird schwierig, sie zu schlagen.
Worauf achtest Du in der Rennwoche ernährungstechnisch besonders?
Vor einem Marathon habe ich immer die Saltindiät gemacht. Vor Klagenfurt habe ich es nicht so extrem gemacht, jedoch habe ich schon darauf geachtet, dass ich eine Woche (Samstag) bis zum Dienstag weniger Kohlenhydrate esse, aber dafür mehr Eiweiß und Fette. Ab Dienstag werde ich dann überwiegend Kohlenhydrate essen. Ich komme damit gut zurecht und glaube daran, dass dann die Kohlenhydratspeicher zu über 100 Prozent gefüllt sind. Aber Schoki darf nicht fehlen – das ist mein Schwachpunkt ;-).
Und womit verbringst Du in Kona die trainingsfreie Zeit? Wie entspannst Du Dich?
Ich werde mir auf jeden Fall auch schon mit meinem Freund die Insel angucken. Denn nur herum sitzen fände ich zu schade. Die Insel ist so schön und es soll ein tolles Erlebnis werden. Entspannen werde ich im Bett 😉 Aber auch am Strand oder auf der Couch mit meinem Freund.
Auf was musstest Du in den letzten Wochen am meisten verzichten?
Auf Zeit mit meinen Freunden und meiner Familie! Auf Schoki kann und will ich nicht verzichten. Durch das Training ist aber auch viel liegen geblieben, denn neben Arbeit (Vollzeitjob), Training, schlafen und essen bleibt leider wenig Zeit.
Worauf freust Du Dich nach dem Rennen am meisten?
Auf den weiteren Urlaub mit meinem Freund auf Hawaii. Wir fliegen noch jeweils 5 Tage nach Maui, Oahu und Kauai. Eigentlich hatten wir einen so großen Urlaub dieses Jahr nicht geplant, aber den Slot konnte ich mir einfach nicht entgehen lassen und wenn man schon mal da ist, “muss” man die Zeit dort mitnehmen. Nach der langen Saison freue ich mich aber auch darauf, die Füße hochzulegen. ohne ein schlechtes Gewissen zu haben. Und auf die Zeit, die ich sonst aufgrund des Trainings nicht habe. Zurück in Deutschland steht dann aber noch Mitte November die deutsche Polizeimeisterschaft im Crosslauf im Kalender. Danach werde ich den November mit Zeit für Familie, Freunde,Shopping und Kaffee trinken genießen.
Danke fürs Interview, guten Flug und ein erfolgreiches Rennen auf Hawaii
Fotos: bookingfoto.com