Michaela Renner-Schneck weiß, wie ein Lauftraining auszusehen hat, wenn in ein paar Wochen der erster schnelle 5- oder 10-km-Lauf ansteht.
Endlich Frühling, endlich wieder das Draußen-sein in vollen Zügen genießen – endlich wieder Bock, so richtig schnell zu rennen! Ich hoffe, ihr seid in sportlicher Hinsicht einigermaßen gut über den Winter gekommen und spürt, wie ich, diese unbändige Lust, sich jetzt endliche wieder unter wärmender Sonne zu verausgaben.
Nachdem es in meinem letzten Artikel noch mehr um wetterbedingte Schadensbegrenzung als um strukturiertes Lauftraining ging, will ich euch heute ein Konzept an die Hand geben, wie ihr auf eurer Wintergrundlage eine super Form für einen 5- oder 10-km Rennen aufbauen könnt. Und nein, das wird jetzt nicht der x-te Standardtrainingsplan, den ihr euch im Grunde aus jeder besseren Laufzeitschrift selbst ausschneiden oder im Netz runterladen könntet. Das hier soll mehr seine strategische Anleitung der Marke „einfach-aber-effektiv“ sein, mit der ihr euch selbst zu eurem 5km oder 10km Ziel coachen könnt. Zugegeben, das erfordert etwas mehr Gehirnschmalz, dafür aber passt dieser Plan am Ende dann aber auch 100 Prozent zu euch und euren Bedürfnissen.
Stand der Dinge: Training analysieren
Bevor ihr aber ans Training planen gehen könnt, müsst ihr euch allerdings erst über den Stand der Dinge, sprich eurer Form, im Klaren sein. Schaut euch dazu, so objektiv wie eben möglich, an, wie gut oder schlecht ihr tatsächlich über den Winter gekommen seid und analysiert zunächst die harten Fakten: Wie lange waren eure langen Dauerläufe in den vergangenen zwei Monaten? Was habt ihr an Tempo- oder Kraftausdauer-Einheiten gemacht? Wie regelmäßig haben diese Einheiten statt gefunden ?
Waren zum Beispiel eure langen Dauerläufe nie länger als 90 Minuten, und im Grunde gingen gingen 60 Minuten schon als „lange“ durch, dann ist jetzt die Zeit, die Umfänge zu steigern. Nicht ins Unermessliche, kein Mensch braucht ultralange Dauerläufe für nen 10er und für nen 5er erst recht nicht, trotzdem solltet ihr euch auch für diese Distanz gelegentlich an die 1:30 Stunden (für 5 km) bis 2:00 Stunden (für 10 km) heranwagen. Diese überlangen Läufe dienen in erster Linie der Verbesserung eurer aeroben Kapazität, helfen euch aber auch, jene mentale Stärke zu entwickeln, die ihr in einem 5- oder 10-km-Rennen „hinten raus“ braucht, wenn es ungemütlich wird und ihr beißen müsst. In der Tat kann der regelmäßige lange Dauerlauf am Wochenende den Unterschied zwischen einem ordentlichen 5-/10-km Rennen und einem in Bestzeit ausmachen.
Vermutlich wisst ihr aber auch, oder ahnt es zumindest, dass ein „kurzes“, schnelles 5-10km-Rennen nicht nur Trainingskilometer, sondern auch Tempoarbeit erfordert. Ihr solltet also auch hierfür ein bis zwei Einheiten pro Woche einplanen.
Baukasten für euren 5-/10-km Trainingsplan
Halten wir also fest: Ein solides 5-/10km-Training sollte auf jeden Fall lange Dauerläufe enthalten, bei denen ihr euren aeroben Stoffwechsel trainiert und die, für uns Ausdauerathleten so wichtigen, „slow-twitch“-Muskelfasern aufbaut. Außerdem sollten regelmäßige Tempoeinheiten Bestandteil eures Trainings sein, in denen ihr eure Ausstattung an “fast-twitch”-Muskelfasern optimiert und euren anaeroben Stoffwechsel in Schwung bringt. Brauchen werdet ihr im Rennen definitiv beides.
Was aber ist nun ist im Zusammenhang mit einem 5-/10km Training ein „langer Dauerlauf“? Ich persönlich habe die Erfahrung gemacht, dass wer ein 5-km Rennen nicht einfach nur überleben, sondern sich dabei schnell fühlen möchte, regelmäßige lange Läufe von circa 8 bis 10 Kilometer absolvieren sollte – für einen 10er wären es entsprechend 15 bis 20 Kilometer. Für wirklich ambitionierte 10km-Racer würde ich sogar empfehlen, in der zweiten Hälfte der Vorbereitungsphase ein bis zwei Läufe von 20 bis 25 Kilometer einzubauen.
Die entscheidenden Vorbereitungswochen
Sichtwort „Vorbereitungsphase“: Wenn ihr es richtig ernst meint mit euren Laufambitionen, solltet ihr euch mindestens sechs, noch besser acht Wochen Zeit einplanen, um euch in Rennform zu bringen. Dazu setzt ihr euch am besten mit einem Kalender hin, zählt die Wochen bis zum Renntermin und plant dann eure wöchentlichen Work-outs und wie diese von Woche zu Woche auf einander aufbauen. Ihr könnt dabei ruhig, parallel sowohl die Umfänge eurer langen Läufe erhöhen als auch die Anforderungen in eurem Tempotraining nach oben schrauben, solange ihr dabei nicht übertreibt. Auf der sicheren Seite seid ihr im Normalfall, wenn ihr die Länge eurer langen Läufe um nicht mehr als 10 Prozent alle zwei Wochen erhöht und den längsten Lauf eures Vorbereitungsblocks zwei Wochen vor eurem Rennen durchführt. Auf diese Weise gebt ihr eurem Körper genug Zeit, sich von den Belastungen zu erholen, die sich den Umfangssteigerungen anzupassen und am Wettkampftag nicht ausgelaugt und müde, sondern fit und frisch zu sein.
Die Inhalte eurer Tempoeinheiten sollten sich logischerweise an eurer geplanten Wettkampfdistanz orientieren.
Welche Tempointervalle machen Sinn?
5km-Racer fahren erfahrungsgemäß ganz gut mit einer Kombination aus 200m- und 400m-Temposerien jeweils in getrennten Einheiten. Eine typisches 200m-Tempotraining könnte dabei zum Beispiel aus 15-20 Wiederholungen im 1km-Bestzeit-Tempo bestehen, während eine 400m-Race-Pace-Session 10 bis 12 x 400m im angestrebten 5km-Renntempo beinhalten könnte. Beim 200m-Speed-Programm solltet ihr euch dabei durchgängig lange Pausen von 3 bis 4 Minuten zwischen den Intervallen gönnen. Ziel wäre es, mit ansteigenden Form, die einzelnen Intervalle im Laufe der Wochen schneller laufen zu können. Bei den Race-Pace-Sessions dagegen verringert ihr die Pausendauer von Woche zu Woche in 15-Sekunden-Schritten von 3 auf 1:30 und versucht, das Tempo trotzdem auf dem Niveau der Vorwoche zu halten.
Wer sich auf ein 10-km Rennen vorbereiten möchte ist mit 200-400m-Temposerien oder 1000-1600m-Race-Pace-Serien gut beraten. Das Prinzip mit Pausen uns Zeitvorgaben ist dabei das gleiche wie für die 5km-Temposerien, wobei hier dem Prinzip „Pausen verringern und Tempo halten“ tendenziell mehr Bedeutung zukommt als bei einer 5km-Vorbereitung. Wenn ihr dabei trotzdem von Woche zu Woche schneller werdet, auch nicht schlimm 😉
Je nachdem, ob ihr während eures Trainingsblocks die langen Läufe ausbaut oder auf dem Niveau der Vorwoche haltet, könnt ihr noch einen mittleren Tempodauerlauf beziehungsweise ein klassisches Fahrtspiel als zusätzliche, fordernde Einheit einbauen (gleichbleibender Umfang) oder einfach eine mittleren Dauerlauf, in dem ihr nur unwesentlich schneller unterwegs seid als bei eurem langen Dauerlauf (gesteigerter Umfang). Zu guter Letzt plant ihr noch, je nach Zeitbudget und/oder anderweitigen (sportlichen) Aktivitäten, eine Einheit mit Lauf-ABC und ein kurzes lockeres Läufchen just-for-fun ein, und schon habt ihr euch eine solide Trainingswoche mit drei bis fünf Laufeinheiten gebastelt, die euch ohne viel Vodoo ans Ziel führen. Ihr seht also, sich selbst einen sinnvolles Trainingsplan zu erstellen, hat nichts mit Rocket-Science zu tun 😉 – höchstens mit ein wenig Planungsarbeit.
Jetzt ist es an euch: Steckt euch eure Ziele – und plant den Weg dort hin selbst.
In diesem Sinne: Lasst es laufen !
Es grüßt ganz herzlich,
Die Rennschnecke