tritime women Botschafterin Anita hat in den letzten Wochen als Radguide Mallorca unsicher gemacht und ist als krönenden Abschluss beim Mallorca312-Radrennen mitgefahren.
Mallorca, die perfekte Insel für Radfahrer
Mallorca ist eine Radfahrerinsel. Je nach Jahreszeit pedalieren zehntausende Zweibeiner aus aller Welt die Hauptstraßen und Camis entlang, mal vorbildlich mit Helm und in geordneter Einer- oder Zweierreihe, mal weniger vorzeigbar. Aber daran wird sich vermutlich nie was ändern. Was auf Mallorca vorbildlich funktioniert ist die Rücksicht der Autofahrer – bis auf ein paar obligatorische Ausnahmen natürlich. Die, die hupen, sind meist ungeduldige Touristen mit Mietautos, die die Serpentinen eben doch noch ein bisschen schneller hoch- oder runterfahren wollen. Die Inselbewohner selbst sind sehr vorsichtig, fahren vorausschauend und unterstützen und geben uns nicht selten sogar den Vortritt. Es gibt Schilder, die um 1,5 Meter Abstand zwischen Rad- und Autofahrer bitten, es gibt gut asphaltiere Straßen, Beschilderungen der Wege und mittlerweile sind auch so ziemlich alle Hotels und Cafés auf Radfahrer eingestellt. Viel voller darf es meiner Meinung nach nicht werden, aber gut, wer selbst fahren möchte, muss es wohl auch anderen gönnen.
Ein Highlight der Insel: das Radrennen Mallorca312
Als i-Tüpfelchen meiner zwei Wochen auf der Insel in unserem #mach3mallorca Trainingscamp habe ich noch spontan einen Wettkampf mitgemacht. Ich bin beim Radrennen #mallorca312 die „kleine“ 167-Kilometer-Runde mit hübschen 2.500 Höhenmetern mitgefahren. Wer es besonders anspruchsvoll mag, kann aber auch mehr machen, nämlich entweder 225 Kilometer mit knapp 4.000 Höhenmeter oder 312 Kilometer mit über 5.000 Höhenmetern ordentlich dicke Beine – zusammen mit hunderten anderen Verrückten (im positiven Sinne).
Von Can Picafort aus ging es hinauf Richtung Norden über Alcudia und vorbei an Pollenca ins wunderschöne Tramuntana-Gebirge. Da kommt man schnell auf seine Höhenmeter und noch schneller wieder runter. Entlang des Kloster Lluc und auf den höchsten Berg der Insel, den Puig Major, kämpften sich die Radfahrer Meter für Meter an die Spitze der Insel. Spätestens hier war das Teilnehmerfeld ziemlich entzerrt. Während sich auf den ersten 20 Kilometern und auch an den ersten Anstiegen noch Menschen und Drahtesel geknubbelt haben und ich diverse Fahrer nach rechts geschrien habe, weil sie die Überholspur blockiert haben, wurde es mit jedem weiteren Teilstück entspannter und luftiger.
Hinter dem Puig mit einer Steigung von 6,4 Prozent bin ich voller Glücksgefühle die Serpentinen wieder hinab nach Sóller gerollt. Hier hat es mir vor lauter Freude und beim Revue-Passieren-lassen den Trainingscamps die Tränen in die Augen getrieben. Der Teamspirit, diese wunderschöne Insel, unsere gemeinsamen Erlebnisse und dann zum Abschluss dieses Rennen – ich war einfach selig und durch und durch happy. Danke an alle, die daran Teil hatten. Ihr habt mir zwei unvergessliche Wochen beschert, an die ich immer mit einem Lächeln im Gesicht zurück denken werde.
Kilometer um Kilometer geht es über die Baleareninsel
Im weiteren Verlauf ging es durch Deia, wunderschön mitten in den Bergen gelegen, weiter über Valldemossa und Esporles wieder Richtung Startpunkt. Für die zweite Gruppe ging es so wie für die 312er noch etwas weiter bis nach Andratx, einmal komplett an der Nordküste der Insel entlang, bis auf die Westseite und dann am Fuße der Tramuntana durch die Dörfer zurück Richtung Sa Pobla.
Bei km 94 habe ich noch eine kleine Zwangspause an der Versorgungsstelle eingelegt, weil mein Umwerfen Probleme gemacht hat. Einen Tag vorher war ich bei Bike Infinity in Son Bauló, wo ich einen neuen Schaltzug bekommen habe und das Rad danach lief wie Sahne. Dummerweise habe ich während des Rennens ein nerviges Klackern durch Drehen am vorderen Schaltzugrädchen verschlimmert und konnte danach nicht mehr auf das große Blatt schalten. Das kleine Blatt funktionierte am Berg zum Glück noch – ich habe mich nur schon die flache Etappe mit dem kleinen Blatt strampeln sehen. Der Mechaniker hat mich gerettet – gracias mechanico!
Radfahren macht glücklich
Dann ging es erst mehrere Kilometer bergab – richtig genial, so eine lange Abfahrt mal ganz ohne Autos zu erleben – kein Gegenverkehr, keine Busse, die einem im Rücken hängen (das war das Schönste am ganzen Rennen) und dann kam meine Lieblingsdisziplin: Knallgas auf flacher Strecke. Ich hatte mir einige Körner aufgespart und konnte jetzt richtig brettern. Immer wieder haben sich Kleingruppen an mich gehängt, einmal haben zwei Engländer mir fünf Kilometer mit Windschatten ausgeholfen, den restlichen Weg habe ich mich alleine durchgekämpft und somit doppelt genossen. Mit teilweise über 40 km/h bin ich nun mein eigenes Rennen gefahren und hatte Spaß für zehn. Die Schilfstraße am Ende war ziemlich knackig, starker Gegenwind und nahender Hunger auf was “Richtiges” haben mich noch mal aufs Gas drücken lassen, ich wollte endlich durch den Zielbogen fahren.
Noch eine Schleife parallel zur Hauptstraße von Platja de Muro und da waren sie, die Zuschauer, die Musik und das Ziel, herrlich. Würde ich mich trauen freihändig zu fahren, hätte ich das vielleicht gemacht, aber nun hatte ich schon 166,5 Kilometer unversehrt überstanden, da wollte ich daran auch die letzten 500 Meter nichts mehr ändern. Die Zieleinfahrt war anders als alle anderen, die ich bisher je hatte. Denn diesmal stand niemand dort und wartete auf mich. Zumindest niemand, den ich kannte. Die anderen Camp-Teilnehmer waren an der Strandbar neben unserem Hotel, weil sie vorher selbst Ausfahrten und zum Teil noch Schwimmtraining hatten. Oder sie waren dabei, ihre Koffer zu packen, schließlich war am nächsten Tag Abreise. So war ich ganz mit mir alleine und fand es kurz befremdlich, habe mich dann aber umso mehr gefreut. Ich bin für mich gefahren und ich habe es ganz alleine geschafft. Klar ist es immer schön, wenn man mit Freunden startet und gemeinsam einfährt. Oder läuft. Aber so konnte ich den Moment still und leise genießen. Laut gejubelt habe ich trotzdem.
Am Ende gab es sogar eine tolle, große Medaille – mit einer 312 vorne drauf. Ich habe mich erst gar nicht getraut diese große Zahl zu tragen, schließlich habe ich nur 167 Kilometer abgerissen. Und spätestens als abends um 21 Uhr ein Finisher der 312 Kilometer in unsere Hotellobby kam wusste ich, dass 14 Stunden im Sattel eine völlig andere Hausnummer sind als 6:20 Stunden. Aber ich halte die Teilnehmer der 225-Runde und der 312-Runde in allen Ehren, frage mich, ob ich das jemals schaffen würde und ziehe meinen Hut – vor ALLEN Finishern. Ich habe am Ende Platz 25 der Frauen belegt – vielleicht sollte ich nächstes Mal doch vorne starten und richtig Gas geben. Mallorca312, du hast etwas geschafft, was noch kein anderen Wettkampf geschafft hat: ich habe im Ziel nicht gesagt “sowas mache ich nie wieder”, sondern ganz im Gegenteil:
Nos vemos en 2018! Vielleicht ja auf den 225. Muchisimas gracias!
Text: Anita Horn
Fotos: Marco Verch
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