Zwischen Fluch und Segen

Staffel beim 10. Indeland-Triathlon

Anita Horn über ihren Staffeleinsatz beim 10. Indeland-Triathlon und warum es nicht unbedingt optimal ist, wenn man seine Rennmaschine erst drei Tage vor dem Wettkampf bekommt.

 Es war eine recht spontane Entscheidung beim Indeland Triathlon zu starten. Ich war vor drei Jahren schon einmal dort und fand die Veranstaltung herrlich familiär und gut organisiert. Dazu stand ich damals in der Sprintdistanz auf dem Treppchen und habe mich über den 1. Platz gefreut. Zeit für ein Revival!

Da nun in zwei Wochen die Langdistanz-Staffel bei der Challenge Roth für mich ansteht und ich vorher mein Testrad von Quintana Roo im Wettkampf ausprobieren wollte, kam Indeland wie gerufen. Es war alles recht spontan – drei Tage vor dem Wettkampf wurde das Zeitrad geliefert, ich bin ganz kurzfristig zum Bikefitting bei David von Pro Athletes in Köln und dann habe ich am Tag vor Indeland eine Mini-40-km-Runde gemacht, um die Sitzposition zu testen.

Quintana Roo Triathlon-Zeitfahrmaschine

Hilfe – mein Hinterrad schleift

Mein Hinterrad hat zwischendurch ein bisschen Ärger gemacht weil es meinte am Rahmen schleifen zu müssen. Also angehalten, Schnellspanner auf, neu justiert, zugemacht, weiter. Alles okay soweit. Da es allerdings eine recht gerade Strecke mit viel Stop and Go war bin ich gar nicht so recht in Fahrt gekommen und habe leider erst am Wettkampftag selbst vor einer weiteren kleinen Testfahrt nach dem Radtransport im Auto festgestellt, dass das Rad wieder hakt. Schon beim lockeren Rollen habe ich ein störendes Geräusch gehört und spätestens, wenn ich über einen kleinen Absatz oder durch eine Kurve im Kreisverkehr gefahren bin, blockierte das Hinterrad komplett. Es stellte sich von alleine schrägt und blieb damit am linken hinteren Bremsblock hängen.

Im strömenden Regen haben meine zwei Staffelpartner und ich versucht, auch hier in Millimeterarbeit, mit mittlerweile ziemlich mieser Laune, das Hinterrad korrekt und fest genug einzuspannen. Testfahrt. Fail. Wieder derselbe Mist. Ein Huckel und schon war alles wieder krumm und schief. Unfahrbar. Ich war schon kurz davor zu schmeißen, bis mir zwei Schrauben im horizontalen Ausfall-Ende aufgefallen sind. Ein Profi hätte es direkt gewusst, ich musste vorher aber noch kein Zeitrad auf mich einstellen.

Die Nabe sitzt bei einem Zeitrad in einer Art Schiene, es gibt also mehrere Positionen für die Nabe, ich kann sie nach hinten und weiter nach vorne rücken. Mit den Stellschrauben kann ich die Position festsetzen, sodass die Nabe eben nicht mehr zurückrutscht. Wir haben die Position der Schrauben um gut einen halben Zentimeter verändert und siehe da, das Hinterrad saß. Hier gefällt mir die Lösung bei anderen Radmarken mit einem Drehrad ganz gut, so kann das Rad in der Fassung sitzen und man kann einhändig justieren.

Ganz traute ich dem Braten zwar noch nicht, aber nun war keine Zeit mehr für eine lange Probefahrt. Also Rad in die Wechselzone und hoffen, dass beim Wettkampf alles gut geht.

Aufgestiegen wird erst am Balken

Ich war angespannt und durcheinander. So durcheinander, dass ich beim Wechsel mit Manni nach dem Schwimmen direkt in der Wechselzone aufs Rad steigen wollte. Als wäre ich beim ersten Mal bei einem Triathlon… Gut, dass mich ein Helfer freundlich aber bestimmt darauf aufmerksam machte, doch bitte erst hinter der Startlinie aufzusteigen. Sonst wäre meine Reise schon wegen Disqualifikation zu Ende gewesen – danke, Mirja, für den Schnappschuss in genau diesem Augenblick.

Aufsteigen in der Wechselzone ist verboten

Nur fliegen ist schöner

Vom Blausteinsee ging es um den Tagebau Hambach, zwei Runden á 45 Kilometer. Die erste Hälfte war ein Traum. Rückenwind, flache Strecke. Und das Rad lief rund. Ich konnte mich richtig austoben und bin meist mit über 40 km/h gefahren, habe einen nach dem anderen eingesammelt und Spaß für zehn gehabt. Ich musste mich eher zügeln, um nicht zu überpacen und noch Power für die zweite Runde zu haben. Aber es lief und ich habe direkt meinen Temporekord gebrochen. 57,6 km/h auf der Geraden. Was für ein Gefühl. Aber das hielt nicht lange an. Bei Schophoven ging es nun in die Gegenrichtung und der Wind blies uns direkt ins Gesicht. So kompakt und aerodynamisch konnte man gar nicht sitzen. Ich habe richtig hart geackert, um nicht auch noch rückwärts zu fahren. Stellenweise waren aber nicht mehr als 20 km/h drin – was sich gerade nach einem Rennabschnitt wie am Anfang der Strecke ziemlich lahm anfühlten.

Obacht, böiger Seitenwind!

Es war aber nicht konstant windig, es war böig mit Spitzen bis zu 7 bft – das sind 50 km/h. Deshalb habe ich mich für ein anderes Vorderrad ohne 58er-Felgen entschieden und ein Fulcrum Quatro eingebaut. Schnell genug, aber besser zu händeln – und das war wie sich im Wettkampf rausstellte – die einzig richtige Entscheidung. Zwischendurch hat mich der Seitenwind so stark erwischt, dass ich schon mit diesen Felgen einen ungewollten dicken Satz zur Seite gemacht habe. Einmal wurde ein Überholer vom Wind so versetzt, dass er gefühlt fast auf meinem Schoß Platz nahm – er hatte Hochprofilfelgen vorne und hinten. Kein ungefährliches Unterfangen, wenn man es nicht geübt ist. Ich hoffe in Roth auf weniger Wind, damit ich dann auch meine Komplettausstattung mit 58er vorne und 78er hinten ausfahren kann.

Was am Rad ist und blieb und erfolgreich getestet wurde war die aerodynamische Rahmentasche über dem Hinterrad. Hier sind mein Ersatzschlauch, Mantelheber und eine CO2-Katusche verstaut, während ich mit integriertem rotem Blinklicht besser sichtbar werde.

Interessante Erkenntnisse

Als Zusatzgewicht habe ich neben meinen zwei Trinkflaschen das Garmin Edge 1000 und meine Wattmessung via Garmin Vector2 mitgeschleppt und habe damit spannende Erkenntnisse gewonnen: Meine Belastung rechtes Bein – linkes Bein ist alles andere als ausgeglichen. Rechts trete ich 58 Prozent, links nur 42 Prozent. Das muss ich für die Fahrökonomie in Roth noch ändern. Meine maximale Leistung lag bei 356 Watt und die als so flach betitelte Strecke hatte doch über 500 Höhenmeter. Dafür bin ich mit einem 33er Schnitt und einer Endzeit von 2:38:28 Stunden sehr zufrieden. Ich habe die viertschnellste Frauen-Radzeit auf der gesamten Mitteldistanz, allerdings mussten die drei schnelleren Frauen hinterher auch noch einen Halbmarathon laufen. Deshalb großen Respekt und Glückwunsch für eure saustarken Zeiten. Ich komme nächstes Jahr wieder, der Wind kann dann bitte bleiben, wo der Pfeffer wächst.

Kurz vor der Ziellinie kam ich übrigens in den Genuss der jubelnden Anwohnerschaft rund um den Römerpark – ein Traum. Lauter und cooler geht es nicht, die Nachbarn dort machen soviel Lärm, Musik und Gejubel, dass man sich fühlt wie ein Star. Ein Luftkuss bei 35 km/h war mein kleiner Dank im Vorbeifahren. Was für ein letzter grandioser Kick vor der Ankunft in Wechselzone II, wo Chris schon auf meinen Timechip wartete. Er hat den Halbmarathon mit eben soviel Wind und mittlerweile knallender Sonne in 01:30:28 Stunden runtergerissen und uns damit auf das Treppchen verholfen. Unser Ziel nach etwa 5:30 Stunden ins Ziel zu kommen , haben wir trotz anfänglicher Schwierigkeiten deutlich unterboten – am Ende standen 4:54:40 Stunden auf der Uhr und wir waren überglücklich, als 7. Gesamtstaffel und erste Mixed Staffel im Ziel zu sein.

Alle meine Daten und die Strecke findet ihr auf meiner Garmin-Connect-Seite.

Hier noch zwei Verbesserungsvorschläge für die Veranstalter des Triathlons:
Die Aufhängungen für die Räder waren nur suboptimal. Das Aufhängen am Sattel funktionierte mit dieser Zaunkonstruktion leider nicht. Reinstellen hieß jedoch, dass das große Ritzel, die Kette und der Rahmen sehr litten. Wenn man es nur locker – mit dem Sattel als Pseudo-Stopper – anlehnte, wehte der Wind das Rad um.
Deutlich besser funktionieren da doch die üblichen Triathlon-Zäune mit nur eine Querstange. So ist unter dem Rad auch Platz für die Wechselbeutel. Und wir hätten uns sehr über eine offizielle Wertung der Mixed-Staffeln gefreut. Gestern wurden alle Staffeln, egal ob Frauen, Mixed oder Männer, in einen Topf geworfen, so dass Frauen und Mixed kaum eine Chance auf die ersten Plätze hatten. Für den 11. Indeland Triathlon im kommenden Jahr wünschen wir uns deshalb weitere Ausschreibungskategorien.

Alle Ergebnisse zum 10. Indeland-Triathlon

Wo ist Indeland?

Und hier noch eine kleine Info am Rande, weil viele mich fragten, wo denn Indeland liegt: Indeland ist keine Stadt, sondern eine ausgeschriebene Region, ein Landschaftsprojekt rund um Eschweiler, Düren und Jülich – ins Leben gerufen vor zehn Jahren, um als Naherholungsgebiet für Freizeitaktivitäten auch überregional attraktiver zu werden. Zeitgleich wurde der Indeland-Triathlon lanciert. Wer schon mal Strecken in der Region zum Training nutzen möchte, der kann sich hier Ideen holen.

Und jetzt heißt es regenerieren – morgen gehe ich locker schwimmen und Samstag ist Kölnpfad-Staffel (171 Kilometer rund um Köln mit vier Vereinskollegen), bevor es am 9. Juli  bei der Challenge Roth in der Langdistanz-Staffel an den Start geht.

 

Text: Anita Horn
Foto: Anita Horn und privat