Gefühlskarussell rund um Roth

Franziska beim Radtraining

Franziska Dietrich geht am Sonntag in Roth für eine BR Franken-Staffel auf dem Rad an den Start. Sie ist Roth-Rookie und wird von einem Kameramann begleitet.

Race Week

So schnell kann es gehen – eben noch aufs Frühjahr und die ersten Radausfahrten gefreut, jetzt schon im Tapering kurz vor dem großen Challenge Roth. Und als würde das nicht schon aufregend genug sein, darf ich am Renntag während meines Staffel-Rad-Einsatzes 180 Kilometer lang ein Kamerateam mein Eigen nennen. Da fällt mir ein, ich habe dem Kameramann einen Witz versprochen, den muss ich mir noch einfallen lassen bis Sonntag. Aber das bleibt wohl nicht meine letzte Beschäftigung bis zum Wettkampf: meine Trainerin hat die Woche noch sehr abwechslungsreich gestaltet, mit meinem gewohnten Kraftausdauertraining, Stabi-Übungen, einer regenerativen Laufeinheit und Schwimmen. Eigentlich sollte ich froh um die Ablenkung in Form von Trainingseinheiten sein, die meinen Alltag neben der 40-Stunden-Woche doch immer recht komplettieren. ABER irgendwie habe ich schon seit Tagen Angst. Ja, ich bin einfach so ein kleiner Bedenkenträger, der sich ständig Gedanken über eventuell aufkommende Krisen und Katastrophen macht. Im aktuellen Fall habe ich Angst, so kurz vor der Challenge Roth noch krank zu werden. Der hustende Kollege, der im Büro einen Schreibtisch hinter mir sitzt, tut sein Übriges dazu. Also fleißig Ingwer konsumieren – in mein Guten-Morgen-Müsli geschnippelt und im Tee sowieso. Und positiv denken, dass soll ja auch wichtig sein.

 

Franziska im BR Trikot bei der Generalprobe am Rothsee Triathlon

Als Engel unterwegs

Ach ja, die Sache mit der Kamera während des Rad-Parts sollte ich wahrscheinlich noch kurz erklären. Ich darf, nach erfolgreicher Bewerbung via Social Media, für die Damen-Staffel des BR Franken am Challenge Roth an den Start gehen. Mit zwei weiteren Roth-Neulingen und der väterlichen Unterstützung von Charly Hilpert. Charly´s Angels wurde das Projekt getauft und Voraussetzung waren keinesfalls die mehr als 7 Stunden die ich für meine 180-Kilometer-Premiere bei der Challenge Regensburg im Vorjahr benötigt habe, sondern vielmehr die Tatsache, dass ich noch nie in Roth gestartet bin. Bis dato ist meine dreijährige „Triathlonkarriere“ überschaubar: Vier Olympische Distanzen, zwei Staffeleinsätze auf dem Rad über die Mitteldistanz, einmal eben über die Langdistanz und heuer meine erste komplette Mitteldistanz. Es waren keine herausragenden Zeiten dabei, aber ich habe immer gefinisht und das wird auch in Roth mein Ziel sein. Das rede ich mir zumindest ein. Leider ist die 6 mehr als omnipräsent. 6 Stunden auf 180 Kilometer. Ja, das wäre schon toll. 6 Stunden. Ein glatter 30er Schnitt. Eigentlich unrealistisch für mich. Glaub ich und werde den Gedanken doch nicht los.

Ich kenn die Strecke, wohne und arbeite unweit davon entfernt und konnte sie deshalb dreimal bei langen Ausfahrten abfahren. Für mich, also meinen Kopf, ist das wichtig, sehr wichtig sogar. Wenn ich die Strecke nicht kenne fahre ich noch vorsichtiger als eh schon. Die Strecke gefällt mir besser als der Kurs 2016 in Regensburg, bei der es auf zwei Runden jeweils ein mal 15 Kilometer am Stück nur hoch ging. Außerdem bin ich besser trainiert als letztes Jahr. Seit meiner Mitteldistanz Ende Mai liegt der Fokus noch mal extra auf den Radeinheiten. Es waren wohl fünf oder sechs lange Ausfahrten zwischen 90 und 140 Kilometer, plus Intervalle, zwei Wettkämpfe über 40 Kilometer und Kraft-am-Berg-Einheiten. Das sollte doch eine gute Basis für die ominöse 6 sein. Oder?

Yoga auf dem Rad ist keine Dauerlösung

Eine große Unbekannte spielt in meinem Wettkampf auf dem Rad immer mit: Der Rücken. Ich hatte letztes Jahr zu Ende der Saison richtig schmerzhafte Probleme mit dem unteren Rücken. Der Osteopath meines Vertrauens hat nur noch die Hände über den Kopf zusammengeschlagen, als er mich sah. Der komplette Rücken war von oben bis unten verspannt und verkrampft. Während ich dann strampelte wurden die Verhärtungen schlimmer, bis schließlich ein Nerv betroffen war und praktisch nichts mehr ging. Der Nerv war einige Wochen gereizt und besonders anfällig. Bei einer lockeren Ausfahrt war ich kurz davor mir ein Taxi zu rufen. Mitten in der Pampa. Damals stand noch ein letzter Staffel-Auftritt mit meinen Mädels am Walchsee an. Ich wollte sie nicht im Stich lassen. Schließlich bin ich den gesamten Wettkampf so aufrecht wie möglich gefahren. Die Zuschauer dachten sicher: „Warum hat sie ein Aerorad, wenn sie nicht auf dem Lenker liegt?“. Außerdem habe ich sowas wie Yoga auf dem Rad getrieben, um während der 90 Kilometer möglichst locker zu bleiben. Zu welchen Gedanken das geführt hat, will ich gar nicht wissen …

Franziska auf ihrer Triathlonzeitfahrmaschine

Den Rückenproblemen den Kampf angesagt

Yoga in allen Ehren, aber das durfte für 2017 nicht die Lösung sein. Deshalb ging es noch im Herbst zum Fitting bei Holger Röthig. Er fand mein bei Ebay-Kleinanzeigen gekauftes Rad in jedem Fall schon mal passend. Puh, keine erneute Rieseninvestition nötig! Beim check meines Bewegungsapparates zeigte sich die Hüfte ungleich mobil, sonst bin ich schon immer recht beweglich. Um den Rücken zu entlasten kam der Sattel etwas höher – das hätte ich mich allein nicht so einstellen getraut – und die Bars wurden angehoben. Der Vorher-Nachher-Vergleich zeigt, die Position ist weniger extrem, aber laut Holger noch ordentlich schnell. Ich war guter Dinge. Als ich im Frühjahr durchstarten will, schmerzt es bei der ersten längeren Ausfahrt wieder wie gewohnt. Ich verzweifle. Suche schon nach anderen Sätteln. Oder doch gleich ein neues Rad? Ob das die Lösung ist? Nochmal Holger fragen. Wir telefonieren. Er erkundigt sich detailliert nach der Situation, als der Schmerz zuletzt entstand. Streckenprofil. Trittfrequenz. Sitzposition. Schnell wird klar, ich treten zu geringe Frequenzen, fahre durchweg zu hohe Gänge. Tja, so ist das eben als Anfänger – ich dachte, hohe Gänge sind schneller als die Kleinen. Ich werde eines Besseren belehrt, denn siehe da: Mein Rücken ist viel entspannter, wenn ich die Trittfrequenz hoch und die Gänge klein halte. Man lernt nie aus. Wenn es zu bergig wird oder ich überpace kann es immer wieder gefährlich werden, das muss ich mir für Roth immer wieder ins Gewissen rufen. Mein Rücken muss ruhig bleiben, sobald er sichtlich anfängt mitzutreten wird es kritisch. Vielleicht sage ich das dem Kameramann noch, dann kann er mich ermahnen, beobachten muss er mich ja sowieso 6 Stunden lang – oder wahrscheinlich ein bisschen länger.

Wie es Franziska bei ihrer ersten Roth-Staffel ergagen ist, erfahrt ihr nach dem Rennen.
Wir wünschen der lieben Franziska auf alle Fälle viel Erfolg und Spaß!

Text: Franziska Dietrich
Fotos: privat

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