Simone Schwarz war zum zweiten Mal beim Alpe d’ Huez Triathlon am Start und beschreibt das Rennen sowie die Atmosphäre im französischen Wintersportort und gibt hilfreiche Tipps.
Alpe d’Huez – für viele ist diese Destination mit der Tour de France verbunden, und in der Tat spürt man diesen Mythos beim Erklimmen der 21 Kurven in den auf knapp 1.900 Metern gelegenen Ort auch. Vor zwölf Jahren rief der ehemalige Profitriathlet Cyrille Neveu ein Triathlonevent ins Leben, das den im Sommer sonst hauptsächlich von Rennradfahrern anvisierten Örtchen für eine knappe Woche zum Magneten der Triathleten macht.
Triathlon im Radrevier
Für die Franzosen liegt diese Woche mitten in den „grandes vacances“, den zwei Monate andauernden Sommerferien, was bedeutet, dass viele Athleten mit der ganzen Familie anreisen und das Event gemeinsam zelebrieren. Neben der Tatsache, dass inzwischen Triathleten aus der ganzen Welt nach Alpe d’Huez kommen, verleiht dieser familiäre Charakter dieser Wettkampfwoche einen ganz besonderen Charme.
Auf dem Programm stehen geführte Streckenbesichtigungen, sowie die auf vier Wettkampftage verteilten Events, der Duathlon (6,5 – 15 – 2,5 km) , der „Triathlon Enfants“, bei dem der Nachwuchs für einen Tag lang im Mittelpunkt steht, der „Triathlon Longue Distance“ (2,2 – 120 – 22 km) und der „Triathlon Courte Distance“ (1,2 – 28 – 7 km). Selbstverständlich bildet das Erklimmen der „21 virages“ bei den drei Hauptrennen für die „Großen“ das Herzstück der Veranstaltung.
21 legendäre Kurven
Das Besondere an Alpe d’Huez ist, dass es wie ein Nest auf 1.900 Meter thront – wie ein Mini-Kona in den Alpen fühlt es sich in den Tagen vor dem Wettkampf an, wenn man im Freibad des Ortes seine Bahnen zieht, zum nahe gelegenen Col de Sarenne pedalliert, oder die Laufrunde antestet.
Um den Ort herum kann man viel entdecken, davon konnten ich mich auf einer ausgiebigen Wanderung nach dem Wettkampf überzeugen. Wenn man einmal über die Skipisten hinweg ist, eröffnet sich eine malerische Berglandschaft, mit zauberhaften Bergseen, wunderbaren Ausblicken und zahlreichen Wanderwegen. Auch für Trailrunning bietet sich diese Gegend bestens an, und wenn man zufällig noch ein möglichst vollgefedertes Mountainbike im Gepäck hat, kann man sich per Sessellift auf knapp 3. 000 Meter befördern lassen und dann auf speziell dafür gebauten Downhills in die Tiefe rasen.
Und nun zum Rennen….
Als Athletin, die bergige Strecken und die Stimmung der Rennen in Frankreich liebt, zog es mich in diesem Jahr zum zweiten Mal an den Startlinie der „Longue Distance“.
2015 erlebten Meike und ich den Mythos Alpe d’Huez, gemeinsam mit den zwei Fotografen Michael und Carsten, die für die tritime auf Pressemotorrädern über die Pässe wetzten und tolle Bilder schossen.
Es bietet sich auf jeden Fall an, ein paar Tage vor und nach dem Rennen in Alpe d’Huez zu wohnen, um sich ein wenig zu akklimatisieren und auf den Wettkampf einzustimmen. Wer, wie ich, vor dem Wettkampf auch mal gerne seine Ruhe vom Triathlongewusel hat, findet dennoch genügend ruhige Flecken und Pfade, um die Bergwelt zu genießen. Am Wettkampftag selbst ist es sehr praktisch, „oben“ zu wohnen, weil man es dann von der Ziellinie nicht weit zu seiner Unterkunft hat.
Unterkünfte gibt es in unterschiedlichsten Preisklassen, wir zogen es vor, eine recht schmucklose, aber dafür preiswerte Ferienwohnung zu mieten, und vom Ersparten lieber was Feines zu kochen – mein Freund liebt wie viele Franzosen gutes Essen und kocht sehr gerne 😉 … Wahlweise kann man sich auch in ein Wellnesshotel oder ein uriges Chalet einbuchen, oder mit dem Wohnmobil auf einem kostenpflichtigen Stellplatz campieren. Eines empfiehlt sich in jedem Fall: rechtzeitig buchen und Preise vergleichen.
Der Wettkampftag …
Wie auch dieses Jahr war das Wetter am Wettkampftag perfekt, trocken und sonnig, der glasklare Lac du Verney, normalerweise für Badegäste nicht zugänglich, zeigte sich in beiden Jahren mit rund 15 Grad „assez chaud“ – angeblich eher warm, wenn man es mit anderen Jahren vergleicht … ich fand es trotzdem sehr frisch, aber der Blick auf die umliegenden Berge entschädigte für Alles.
A propos Kälte und Schwimmstart, ein wichtiger Tipp für Frostbeulen ist, für die 30 bis 40 minütige Abfahrt von Alpe d’Huez zum Schwimmstart sehr warme Radklamotten einzupacken, denn sonst sind bereits alle Muskeln eingefroren, ehe der Wettkampf beginnt. Natürlich kann man auch gemeinsam mit seinen Supportern mit dem Auto ins Tal fahren, aber auch hier gilt es, zeitig anzureisen, denn die Parkplätze sind eher knapp und die Straße ist sehr eng.
Drei Alpenpässe werden erklommen
Die Radstrecke mit drei Alpenpässen und atemberaubenden Ausblicken auf unterschiedlichste Bergmassive ist für die meisten Teilnehmer der Hauptgrund, diesen Triathlon zu erleben. Nach einer ziemlich langen Einrollphase erklimmt man zunächst in zahlreichen Kehren die Alpe du Grand Serrre, dann geht es wellig über einen ganz kurzen Pass und einen endlos scheinenden Anstieg über den Col d ’ Ornon und nach rasanter Abfahrt geht es dann ans Eingemachte: die 21 legendären Kehren nach Alpe d’Huez runden den Radpart ab, ehe es als Dessert auf drei wellige Laufrunden rund um Alpe d’Huez geht.
Die Straßen sind nicht gesperrt, was im Großen und Ganzen keine Probleme bereitete, nur im Anstieg nach Alpe d’Huez merkt man, dass es manchmal etwas eng auf der Straße wird. Ein Vorteil an den nicht gesperrten Straßen ist, dass ganze, mitunter sehr originelle, mobile Fanmeilen in unterschiedlichen Sprachen für mächtig Stimmung und gute Laune am Streckenrand sorgen.
Seit letztem Jahr ist die Radstrecke der Langdistanz ein wenig länger und es gibt einen kleinen zusätzlichen Anstieg. Was jedoch gleich bleibt, ist der Kern der Radstrecke und die Tatsache, dass der letzte Anstieg entscheidet, in welcher Verfassung man oben ankommt.
In der Höhe wird gelaufen
Auf der Laufstrecke geht es dreimal auf einer abwechslungsreichen Strecke aus dem Ort heraus, über kleine Trails auf eine Wendepunktstrecke Richtung Col de Sarenne und dann über einen kleinen, aber fiesen Berg zurück Richtung Alpe d’Huez. Nach drei Runden darf man auf den blauen Zielteppich einbiegen und sich über Whirlpools, Liegestühle und die Zielverpflegung freuen.
Mein Rennfazit
Bei mir persönlich konnten die Erfahrungen bei diesem Rennen bei vergleichbarer Form unterschiedlicher nicht sein. Während ich 2015 noch sehr frisch und hochmotiviert nach Alpe d’Huez kurbelte und beim Laufen gut durchkam, passierte mir doch in der Tat der Anfängerfehler meinen Energie- und Flüssigkeitsbedarf deutlich zu unterschätzen. So fuhr ich bei diesem eigentlich so geliebten Anstieg quasi gegen die Wand, kurbelte gefühlt in Zeitlupe der Wechselzone entgegen und taumelte auf die Laufstrecke. So richtig gefunden habe ich meine Laufbeine und mein Kämpferherz nie an diesem Tag, die Top Ten der Damenwertung habe ich um eine Minute verpasst, und trotzdem kann ich rückblickend sagen, dass es eine wertvolle Erfahrung war, und wie auch 2015 ein wunderschönes, emotionales und einprägsames Rennen.
Ob Kurzdistanz oder Langdistanz, Alpe d’Huez ist ein perfekt organisiertes, gut besetztes, und dennoch überraschend familiäres Rennen. Alles in allem absolut empfehlenswert und unvergesslich!
Text: Simone Schwarz
Fotos: privat