Triathlon geht auch, wenn man keinen sportlichen Background hat oder schon immer die mega Sportskanone war. Eine Geschichte aus dem wahren Leben von Fanziska Dietrich.
Beim letzten Klassentreffen, ich befand mich gerade in der Vorbereitung auf meine erste Mitteldistanz, fragte mich meine frühere Banknachbarin: „Wie kommt man auf die verrückte Idee, Triathlon zu machen?“ Spontan konnte ich die Frage nicht so genau beantworten. Auch nach längerem Nachdenken tu ich mich noch schwer, eine Erklärung für das Warum zu finden. Ich bin allerdings der Meinung, dass Warum und Wie auch gar nicht so wichtig sind beim Triathlon, es geht allein um das DAS!
Triathlon klappt auch ohne Background und Talent
Viele Triathleten, die ich bisher kennengelernt habe, haben einen sportlichen Background oder eine entsprechende Vorgeschichte. Es heißt dann, „er/sie kommt vom Schwimmen…“ oder die Leute waren in Leichtathletikteams und dergleichen. Das war bei mir nicht der Fall. Die Verwunderung meiner ehemaligen Schulkameradin kann ich voll und ganz nachvollziehen. Für mich gab es beim Sportfest nie eine Ehrenurkunde, kein Schwimmabzeichen – außer dem Seepferdchen – und der Grund dafür lag nicht an mangelnder Motivation. Nein, ich war einfach nicht sportlich und mir wurde kein sportliches Talent in die Wiege gelegt. Ich konnte weder weit noch hoch springen, nicht kraulen und nur langsam brustschwimmen. Beim 100-Meter-Sprint war ich eine totale Null. Kurzum, ich war von Triathlon so weit entfernt, wie die DJ Guetta von deutscher Volksmusik. Ja, und warum dann mit knapp 30 plötzlich Schwimmen, Radfahren und Laufen beginnen?
Via Volleyball und Fitnessstudio über die Finish Line
Meine Stärke besitze ich in allem was mit Werfen oder Bällen zu tun hat: Kugelstoßen, Speerwerfen und Volleyball. Beim Triathlon hilft mir das allerdings nur sehr begrenzt weiter. Ich habe Volleyball im Verein gespielt und voller Engagement einige Jugendmannschaften trainiert. Mangels Körpergröße und begrenzter Sprungkraft ging es für mich über die Kreisliga nicht hinaus, aber ich war ehrgeizig und besaß Siegeswillen, den ich auch als Mannschaftskapitän und Trainer vermitteln konnte. Dabei fiel mir mit Mitte 20 auf, dass ich immer pummeliger wurde, während ich die Jugend ordentlich fit hielt. So führte mich mein Weg ins Fitnessstudio – genau dort begann mein Triathletinnen-Dasein. Sehr ungewöhnlich, aber Triathlon geht eben auch, wenn man nicht vom Schwimmen oder Laufen kommt.
Der Chef meines Studios ist begeisterter Radfahrer und Triathlet und konnte mich und ein paar weitere Sportler für einen kleinen Sprintwettkampf gewinnen. Obwohl ich dort letztlich nur als Fan dabei war, infizierte ich mich mit dem Triathlon-Virus. Über den Winter begann ich mühsam, das Kraulen zu lernen. Das war keine leichte Aufgabe für mich, denn Wasser war nie mein Element. Ich hatte als Kleinkind mit einem Loch im Trommelfell zu kämpfen, das mich lange vom kühlen Nass fern hielt. Nicht weniger Abneigung habe ich gegenüber der zweiten Disziplin entwickelt: Bei Radtouren mit meinen Eltern hatte ich regelmäßig „Migräne“ und musste abkürzen, weil es mir einfach keine Freude bereitete. Warum sinnlos durch die Gegend treten? Rückblickend war ich ein faules Kind. Ab der Pubertät war mit Eltern-Radtouren sowieso Schluss. Lediglich während der Vorbereitungsphase für die nächste Volleyballsaison dachte ich ein bisschen an meine Ausdauer. Ich kann mich noch an einen Lauf erinnern, der mich zu einem Wegkreuz hinter unserem Haus führte. Ich bin dorthin gejoggt und habe vor Freude beim Ankommen die Faust in die Luft gestreckt – wow, das waren drei Kilometer am Stück! Pillepalle, verglichen zu meinem Halbmarathon nach 1,9 Kilometer Schwimmen und 90 Kilometer Radfahren heuer. Bis vor drei Jahren war eine Mitteldistanz wirklich nicht denkbar und mit Triathlon hatte ich nichts am Hut.
Vielseitigkeit und Fortschritte motivieren
Nach wie vor bin ich in keiner der drei Sportarten herausragend gut, aber das abwechslungsreiche Training macht mir Spaß. Mein erster Triathlon war eine Olympische Distanz in Ingolstadt – genau die richtige Wahl damals. Warum ich nicht mit einer Jedermann- oder Sprintdistanz eingestiegen bin? Ich habe mich im Winter und Frühjahr gut vorbereitet und mir einfach mehr zugetraut. Aber das ist auch total egal. An die Mitteldistanz habe ich mich über mehrere Staffeleinsätze und Halbmarathons herangetastet. Das ist für jeden Einsteiger unabhängig von der Distanz ein toller Weg. Manche Athleten behaupten, Staffel-Teilnehmer seien keine echten Triathleten. Lass dich davon nicht verunsichern! Wer sich beim Einstieg übernimmt, findet keinen Spaß am Triathlon und das wäre wirklich schade, denn man verpasst was: Den Nervenkitzel beim Schwimmstart, den Kampf gegen sich selbst, das Kennenlernen der eigenen Grenzen, das überwältigende Feeling an der Finish Line und so vieles mehr. Als Einsteiger hast du zudem den Vorteil, dass du auf einem eher niedrigen Leistungsniveau startest und schnell und lange Spaß am Triathlon haben wirst, da kleine Erfolge hungrig nach mehr machen. Solange ich noch viel Luft nach oben habe, treibt mich mein Ehrgeiz voran. Sollte ich doch mal unzufrieden mit meinen Leistungen sein, rufe ich mir ins Gedächtnis, wo ich vor drei Jahren stand – dann bin ich wieder zufrieden mit mir und auch ein bisschen stolz auf meine Verrücktheit.
Lass dir als Triathlon-Anfänger gesagt sein: „Egal woher ihr kommt und wo eure Stärken oder Schwächen liegen: TRAUT EUCH!“
Text: Franziska Dietrich
Fotos: privat
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