Die Auswahl der Aerolaufräder ist gross. Es gibt viele Hersteller, die Laufräder in verschiedenen Felgenhöhen, Designs, Qualitätsstufen und Preiskategorien anbieten. Es ist schwer, den Überblick zu behalten. Worauf kommt es bei der Laufradwahl an und wie viel bringt ein Aerolaufradsatz tatsächlich?
Wenn man davon spricht, auf dem Rad möglichst “aerodynamisch” unterwegs zu sein, dann bedeutet dies, den Luftwiderstand so gering wie möglich zu halten. Betrachten wir das Gesamtsystem, bestehend aus Athlet und Fahrrad, so ist das Komplettrad für lediglich 25 Prozent des gesamten Luftwiderstands verantwortlich. Die Laufräder – als Teil des Komplettrades – machen acht Prozent des Gesamtluftwiderstandes aus. Wohingegen der Athlet sage und schreibe 75 Prozent aus macht. Die berechtigte Frage lautet, warum in aller Welt soll man mit diesem Wissen so viel Geld für Aerolaufräder ausgegeben?
Imke Oelerich beschäftigt sich mit diesem Thema und nennt ihre drei Gründe, warum es sich ihrer Meinung nach trotzdem lohnt, in hochqualitative Laufradsätze zu investieren.
Aerolaufräder und Aerostabilität
Stabilität bedeutet, das Fahrrad unabhängig von der Windsituation, unter Kontrolle zu haben. Wenn du dein Rad nicht unter Kontrolle hast, musst du die Aeroposition verlassen, zum Basebar greifen und der Luftwiderstand, den du als Athlet verursachst (75 Prozent), “bremst” dich enorm. Kannst du deine Position halten, werden genau diese 75 Prozent des Luftwiderstands positiv beeinflusst. Wusstet du, dass Laufräder tatsächlich einen großen Beitrag zu einem verbesserten Handling deines Rades leisten? Entsprechen die Aerofelgen deines Laufrades höchsten Qualitätsansprüchen, dann sind diese idealerweise so gestaltet, dass das sogenannte Lenkmoment auch bei hohen Anströmwinkeln gering bleibt und der Strömungsabriss sehr sanft und gleichmässig erfolgt. Genau diese Merkmale sind ausschlaggebend, wenn du selbst bei starkem Seitenwind deine Aeroposition halten möchtest.
Aerolaufräder und Segeleffekt
Ein weiterer Vorteil guter Aerofelgen ist der sogenannte Segeleffekt. Ob du es glaubst oder nicht, Laufräder können durch einen höheren Anströmwinkeln spürbaren Vorwärtsdrang produzieren (negativer Luftwiderstand). Der Anströmwinkel ist der Winkel aus Windanströmung und Fahrtrichtung des Athleten. Höhere Anströmwinkel von über zehn Grad kommen in der Realität recht häufig vor. Je tiefer die Profilhöhe der Felge, desto grösser kann dieser Segeleffekt ausfallen. Auf dem Hinterrad kannst du fast immer eine sehr tiefe Felgenhöhe fahren, da die Luft dort schon sehr verwirbelt ist, bis sie auf das Hinterrad trifft und somit kaum negativen Einfluss auf die Stabilität hat. Bei starken und böigen Windverhältnissen solltest du darauf achten, die Felgenhöhe des Vorderrads entsprechend zu verringern. Das Vorderrad wird direkt angeströmt und ist dementsprechend windanfälliger. Sprich es beeinflusst das Lenkverhalten deutlich mehr als das Hinterrad.
Ein Aerolaufrad ist mehr als eine Aerofelge
Die Aerofelge ist nur der Anfang. Wenn du Geld in die Hand nehmen möchtest, um dir ein Aerolaufrad zu leisten, dann ein “Richtiges”. Achte darauf, dass neben der Felge auch die Speichen, die Nippel und das Nabengehäuse aerodynamisch optimiert sind. Aerooptimierte Speichen – flachgeschmiedete – haben einen enormen Einfluss auf den Rotationsluftwiderstand. Das ist der Luftwiderstand, dem die Speichen ausgesetzt sind, während sie sich um die Achse des Laufrades drehen. Bei den Nippeln solltest du darauf achten, dass diese innerhalb der Felge liegen. Auch das Nabengehäuse hat durch die Reduzierung der Flanschhöhe und des Nabendurchmessers ebenso einen messbar positiven Einfluss auf den Luftwiderstand.
Bei all den angesprochenen Punkten solltest du jedoch immer eines beachten:
Aerostabilität geht vor Segeleffekt!
Wenn du klein und leicht bist, greifst du bei starkem Wind lieber auf niedrigere Felgenhöhen zurück, um die Aerostabilität sicherzustellen. Wenn du deine Aeroposition halten kannst, wirst du immer mehr davon profitieren als vom Segeleffekt.
Jetzt solltest du mit ausreichend Informationen versorgt sein, um mit dem richtigen Laufradsatz gewappnet, auch bei einer steifen Nordseebrise oder bei Cross-Winden auf Hawaii, deine Leistungsfähigkeit voll auszuschöpfen.
Text: Imke Oelerich
Fotos: Michael Riehle / DT Swiss und Michael Strokosch