Finnland: ein kleines Geschenk. Ein etwas anderer Bericht über einige Tage beim Ironman 70.3 Lahti.
„Wen kennt man in Deutschland aus Finnland?“ Mir fällt auf die Frage am Flughafen in Helsinki Samu Haber, der Frontmann von Sunrise Avenue ein. Und auch Mika Häkkinen. Tiina, unser Guide, erinnert mich an Janne Ahonen. Er gehörte in 1990ern und 2000ern zur Weltspitze als Skispringer. Er kommt aus der Region Lahti, hier sind auch die berühmten Skisprungschanzen. Diese berühmten finnischen Vertreter geben einem eine kleine Ahnung davon, was einen in Finnland erwartet: Menschen mit Humor und mit großer Gelassenheit. Wo immer wir in den vier Tagen meines Finnland-Trips waren, es gab genug Möglichkeiten für Sport.
Sehr guter Support für alle Athleten
Am Flughafen hatten wir beim Warten die Ankömmlinge aus den Fliegern im Blick. Egal ob Triathlon-Profi Manuel Küng aus der Schweiz samt Mama, allein Reisende oder eine kleine Triathlonfamilie. Jeder wurde sofort angesprochen von den beiden Damen, die für den Ironman 70.3 am Flughafen standen. Unübersehbar mit einem kleinen Stand mit vielen Broschüren und einer Fahne ihm Rucksack. Sie gingen direkt auf die Athleten zu – am Radkoffer und den Kompressionssocken gut zu erkennen – und erklärten den Weg von Helsinki in die Stadt Lahti.
Entdeckungsreise rund um den
Ironman 70.3 Lahti
Die Tage vor dem Rennen nutzten wir um die Region zu erkunden. Von meiner Reisegruppe startete nur einer, wir anderen waren als Motivatoren und Finnland-Entdecker dabei. Wer eine Auszeit vom menschlichen Trubel sucht, der ist in Finnland definitiv richtig.
Unser Weg führte uns zunächst in die Region Lahti. Die erste Nacht verbrachten wir im luxuriösen Holzhaus, dem Kiuasniemi Resort – Villa Jolla. Die Lage: mitten im Wald, direkt am See und mit sehr viel Platz bis zum nächsten Haus. Die Finnen legen Wert darauf, dass der See nicht zugebaut wird. Tatsächlich sind die meisten Villen vom See aus gar nicht zu sehen. Und noch eine Besonderheit: Alle Häuser sind hier mit Sauna und Whirlpool mit Blick zum See ausgestattet.
Die Temperaturen dieses sehr tiefen Sees liegen bei rund 14 Grad, aber bei 22 Grad Außentemperatur und mit Neopren-Anzug war eine kleine Schwimmrunde möglich. Ich gebe zu, ich wäre so gerne hineingesprungen, doch aus gesundheitlichen Gründen hatte ich das Rennen abgesagt und mich dem Support von Jan-Erik verschrieben.
Die erste Nacht im Haus Jolla war natürlich für uns alle spannend und ein Erlebnis: wie würde es sein, wenn es eben nicht dunkel wird? Auf alle Fälle (für mich) in der ersten Nacht ziemlich schlaflos, denn die Jalousien und die Vorhänge waren lichtdurchlässig. Zwar hatte ich eine Augenmaske dabei, aber dennoch: ich war einfach hellwach und nahm nur vier Stunden Schlaf mit in den Tag. Doch von Müdigkeit keine Spur, dafür war das, was uns erwartete viel zu aufregend. Bootsfahrten, einsame Sandstrände, Wander- und Trail-Strecken. Und überall gab es sehr gesundes und leckeres Essen – auch für Veganer und für Menschen mit Glutenunverträglichkeit.
Meet and greet mit der
finnischen Profi Triathletin Kaisa Sali
Im Sportzentrum Finnish Sports Institute, Vierumäki begrüßte uns am Freitagnachmittag die die finnische Profi-Duathletin und -Triathletin Kaisa Sali und mit ihrer sehr persönlichen Geschichte.
Mit gerade einmal zwölf Jahren nötigte sie ihren Vater dazu, mit ihr 180 km Rad zu fahren, weil sie von der Ironman-Distanz gelesen hatte. Sie hatte zu diesem Zeitpunkt nur ein einfaches Mountainbike. Die Begeisterung für Triathlon ist geblieben. Kaisa beeindruckte uns vor allem durch ihre Natürlichkeit. Sie sprach über mentales Training, das sie fest in ihr Sportlerleben integriert. Was mich sehr überraschte: Sie gestand, dass sie jedes Rennen mindestens einmal ans Aufgeben denkt. Sie ist mehrfache Ironman-Siegerin (2016, 2017, 2018) und Europameisterin auf der Triathlon-Mitteldistanz (2015). Beim Ironman Hawaii belegte sie im Oktober 2018 den siebten Rang.
Abends ging es für uns zur Wettkampfbesprechung in der beeindruckenden Sibelius Hall.
Als Gruppe übernachteten wir diesmal im Hotel Sokos in der Stadt Lahti. Wenn ich ehrlich bin, war das für mich erstmals ein Schock: unsere Villa Jolle am See Päijänne war etwas anders als so ein lebhaftes Stadthotel. Aber die Nähe zum nächsten Event war hier entscheidend, denn Samstag war der Wettkampftag des Ironman 70.3 Finnland in Lahti. Das Besondere: der Start ist erst ab 16 Uhr (Rolling Start), da um diese Zeit die längsten Tage des Jahres sind.
Der Ironman 70.3 Finnland Lahti
Während Jan-Erik sein Rad eincheckte (am Wettkampftag zwischen 10 Uhr und 14 Uhr), gab es für uns ein weiteres Highlight: Stand Up Paddeln (SUP) auf dem See Vesijärvi nahe des Stadtzentrums. Wir paddelten auf die Schwimmstreck. Das SUP bot eine Menge Spaß, da es allerdings sehr windig war, kamen wir mehr als einmal von der Strecke ab. Ich empfehle das Stand up paddeln wie auch die Zeit der Villa Jolla in der Region Lahti für die Regenerationstage nach dem Rennen oder mit Vorlauf einige Tage zuvor.
Der Wind war der Vorgeschmack auf das, was die Athleten nach dem Rennen einstimmig berichteten: der See war ziemlich wellig.
Die Wechsel finden beides Mal in der gleichen Wechselzone statt – gleich bei der Sibelius Hall. Für Zuschauer ist es angenehm, die Fußmeilen halten sich in Grenzen.
Die 90-km-Radstrecke ist recht flach: die ersten Kilometer sind zwar wellig, doch dann wird es flacher. Mit insgesamt 600 Höhenmetern ist der Kurs ideal, um sich auf den Zeitfahrlenker zu legen und loszufliegen, daher wählten die Profis fast alle eine Scheibe als hinteres Laufrad. Auch auf der Radstrecke galt das Motto: der Wind macht die Musik.
Die Skischanzen von Lahti
Am Tag nach dem Rennen bietet sich ein entspannter Ausflug mit dem Hotelfahrrad oder dem Elektroroller zum Skischanzen Areal in Lahti an: dort gibt es auch Sommer-Skispringer auf grünem Kunstrasen zu bewundern und ein Freibad, das so wunderbar wenig besucht ist, dass man locker eine Bahn alleine oder zu zweit fürs Ausschwimmen hat. Wer dafür zu faul ist: es gibt natürlich auch eine Sauna dort.
Wer will hängt noch ein paar Tage dran und fährt mit dem Zug in rund zwei Stunden nach St. Petersburg weiter. Ein finnisches Sprichwort lautet: Besser ein kleines Geschenk als ein großes Versprechen. Ein Urlaub in Finnland ist definitiv ein kleines Geschenk – sehr entspannt und ohne Tamtam.
Ob ich Finnland wieder besuchen werde? Natürlich, in Gedanken habe ich einen Koffer dort gelassen: gefüllt mit Schwimm, Rad- und Laufsachen.
Text: Daniela Dihsmaier
Fotos: Marco Verch