Verena Walter blickt zurück – auf eine lange Verletzungspause mit vielen Versuchen wieder fit zu werden und einem Comeback im Herbst beim Challenge Rennen in Madrid, das sie als dritte Frau beendete.
Seit Mitte 2017 war bei Verena Walter der Wurm drin. Ihr erfolgreiches Jahr 2016 mit ihrer ersten Hawaii-Teilnahme als Profi – als Age-Grouper war sie bereits vier Mal auf der Pazifikinsel am Start gewesen – konnte sie 2017 leider nicht toppen. „Es sah zu Beginn mit meinem Sieg bei der Challenge Taiwan noch gut aus, doch dann machten mir mein linker Fuß und die Oberschenkelrückseite Ärger und ich konnte nicht mehr planmäßig trainieren“, erklärt die 38-jährige. Trotzdem startete sie beim Ironman in Hamburg, was sich im Nachhinein als Fehler herausstellte. „Das Rennen war alles andere als zufriedenstellend, eher eine Quälerei mit Tränen der Enttäuschung auf der Zielgeraden.
Danach hatte ich mit einer Entzündung am Sitzbein zu kämpfen, die mir wiederum sogar die Saison 2018 verhagelte. An Laufen war lange Zeit nicht zu denken“, berichtet die gelernte Grafik-Designerin.
Viel versucht und nichts hat geholfen
Verena versuchte, den Problemen auf den Grund zu gehen, machte auf Anraten eines „Spezialisten“ fünf Wochen gar keinen Sport – jegliche unnötige Bewegung war verboten. Sie fuhr sogar zu einigen Osteopathen-Terminen extra von Iserlohn nach Hamburg. Doch all’ diese Behandlungen brachten keinen Erfolg. Nach Hoffnung folgte Enttäuschung – und das mehrfach. „Ich stellte mir sogar die Frage, ob es das jetzt war mit dem Leistungssport“, gibt die blonde Triathletin offen zu.
An diesem Punkt war sie als Age-Grouper im Jahre 2009 schon einmal angelangt. Damals hatte sie eine schlimme Schambeinentzündung, vielleicht sogar einen Ermüdungsbruch.
„Die Ärzte sagten mir damals, ich könne nie wieder Leistungssport machen. Das habe ich mir angehört und gedacht, wie viele Menschen sich wohl von so einer niederschmetternden Diagnose vom Sport abbringen lassen und einen anderen Weg einschlagen.“
Verena wollte davon nichts wissen, sie hat einfach weiter gemacht und schließlich noch den Weg zum Profisport gefunden. Ihren Beruf hat sie zwar nie aufgegeben und muss daher täglich Kompromisse eingehen, aber dieser Triathlon-Lifestyle ist eben genau ihr Ding.
Erneutes Verletzungspech
Nach ihrem erfolglosen Ärztemarathon versuchte sie einfach das zu trainieren, was ohne Schmerzen möglich war. Ihre Wettkampfbilanz für 2018 war ziemlich ernüchternd. Ihr Sieg beim Bonn-Triathlon war für sie das einzige nennenswerte Ergebnis. 2019 schöpfte sie wieder Hoffnung, gute Rennen abliefern zu können. Das Laufen klappte wieder besser und sie freute sich auf eine Saison nach Plan. „Doch kurz nach meinem Lieblingsrennen in Bonn schmerzte mein linker Fuß wieder so stark, dass ich nur humpeln konnte. Meine Pläne wurden wieder über den Haufen geworfen und es folgte eine erneute Laufpause“, berichtete Verena ernüchtert. Die Diagnose: Knochenmarködem am äußeren Mittelfußknochen. Wieder musste sie fünf Wochen auf das Laufen verzichten.
„In der sechsten Woche machte ich einen Laufversuch auf dem „Alter G“ – einem Anti-Schwerkraft-Laufband, welches einen Großteil des Körpergewichtes reduziert. Ich entschied mich aber, überwiegend aus Kostengründen, dagegen, weitere Laufeinheiten auf dem „Alter G“ zu absolvieren, hatte ich mir doch auch etwas mehr von dieser Methodik versprochen. Lieber wollte ich mit sehr kurzen Läufen auf einem normalen Laufband oder auf der Straße wieder allmählich zurück zum schmerzfreien Laufen finden.“
Vom Allgäu nach Bregenz und Madrid
Für die Seele beschloss sie beim Allgäu-Triathlon über die Kurzdistanz zu starten. Sie stieg im Rennen als Führende vom Rad und das Laufen klappte zu ihrer Freude überraschend gut. Sie wartete darauf, überholt zu werden, doch es kam kein Mädel von hinten. Sie lief als erste der Kurzdistanz über die Ziellinie. Ein befriedigendes Gefühl nach ihrer langen Verletzungszeit.
Eine Woche später startete sie auch noch beim Transvorarlberg-Triathlon. „Die dort zu laufenden 12 Kilometer waren mein längster Lauf seit langer Zeit. Auch dieses Rennen brachte ich relativ beschwerdefrei auf Platz 12 ins Ziel und beschloss darauf, in 2019 noch bei einer Langdistanz zu starten. Bei der Challenge Madrid“, erzählt Verena.
Drei Wochen Training blieben ihr noch, um sich auf den Marathon vorzubereiten. Aber man kann bekanntlich nichts übers Knie brechen und so blieb es bei viel zu wenigen Laufkilometern. Ihr längster Lauf betrug nur 24 Kilometer. Dementsprechend groß war der Respekt vor der dritten Disziplin.
Zurück auf der Langdistanz
Madrid ist kein einfacher Kurs. Das Schwimmen mit Neopren klappte gut und Verena kam als Erste aus dem See. Beim Radfahren konnte sie trotz einem Plattfuß Ruhe bewahren und die Beine waren bis zum Schluss frisch. Als zweite Frau wechselte sie auf die Laufstrecke. „Ich versuchte mir, die Kilometer im Kopf zurecht zu legen, um mich selbst etwas auszutricksen. Bis Kilometer 25 ging es mir noch ganz gut, dann begannen die muskulären Probleme“, berichtete Verena. Das fehlende Lauftraining machte sich bemerkbar. Nun war der Kopf gefragt. Es war die 22. Langdistanz für Verena und es war für sie bei weitem nicht die härteste. Sie beendete das Rennen überglücklich als dritte Frau. Sie war zurück auf der Langdistanz.
Pläne für 2020
Mittlerweile hat Verena mit dem Aufbautraining für die Saison 2020 begonnen. Sie hat wieder die Profilizenz gelöst und möchte sich mehr auf die Challenge-Serie fokussieren und einige Rennen außerhalb einer Rennserie, wie z.B. den Allgäu-Triathlon oder den Bonn-Triathlon, bestreiten.
„Der Ironman Hawaii wird für mich erst mal keine Rolle spielen. Wenn es gut läuft, könnte ich mir vorstellen, meine Bestzeit auf der Langdistanz noch mal zu verbessern. Dafür würde sich z.B. die Challenge Roth anbieten. Über den Winter versuche ich, auf jeden Fall meine Laufform wieder auf ein nötiges Niveau zu bringen. Dabei bleibt die Freude am Triathlon mein täglicher Antrieb.“
Exkurs: Ernährung als Ursache
für die Probleme?
Während der langen Verletzungspause nahm sich Verena auch Zeit ihre Ernährung unter die Lupe zu nehmen. Was das bedeutete und was ihr Resümee ist, erzählt sie euch selbst.
Durch meine andauernden Verletzungsprobleme, gerade im Bereich des Beckens, gingen die Gedanken auch hin zu meinem Bauch, der ganz oft sehr aufgebläht ist. Ich versuchte, mich mehr mit dem Thema Ernährung zu beschäftigen. Doch ich wurde aus den verschiedenen Ernährungsansätzen, die teils sogar konträr sind, nicht schlau. Nach zwei, drei Terminen bei selbsternannten Experten kam ich immer mit einer Tüte voll von Nahrungsergänzungsmitteln und einem leeren Geldbeutel nach Hause. Dann stieß ich auf das Projekt des SWR-Fernsehens. Es wurden zwei Probanden für das neue Sendeformat „Iss dich fit – die Gesundheitsformel“ gesucht. Ich bewarb mich und war dabei. Ein halbes Jahr wurde ich von der Ernährungsmedizinerin Dr. Annette Balz-Fritz und dem Sportmediziner Prof. Dr. Ingo Froböse begleitet.
Beschwerdefrei dank Ernährungsumstellung?
Ziel der Sendung ist es, Patienten über die richtige Ernährung beschwerdefrei zu bekommen. Es folgten einige Untersuchungen und es wurde mir für den, teils auch kritisch angesehenen IGG-Test, Blut abgenommen. Es stellte sich heraus, dass eine Art Darmpilz, den jeder von uns in sich trägt, erhöht war. Dieser Pilz ernährt sich überwiegend von Kohlenhydraten bzw. von Zucker. Um diesen Pilz auszuhungern, musste ich zwei Wochen extreme Diät halten. Das fiel mir sehr schwer, doch ich wollte die Vorgaben zu 100% erfüllen, suchte aber verzweifelt nach erlaubten Mitteln, die mir das Thema Nahrungsaufnahme nicht zum Albtraum werden ließen. Ohne Erfolg. Ich durfte keine großen Mengen Kohlenhydrate zu mir nehmen. Erlaubt waren nur Gemüse, Kartoffeln, Fleisch (kein Schwein), Cashews und Walnüsse und Lupinenjoghurt.
Ich hatte für meinen Geschmack keine guten Optionen für mein Frühstück, denn ich durfte ja kein Obst, kein Käse, keine Eier, kein Brot, keine Milcherzeugnisse essen.
Allerdings stellten sich erste Erfolg in der zweiten Woche ein. Wenn ich morgens aufstand, hatte ich nicht mehr diese gekrümmte Haltung. Ich fühlte mich beweglicher, gerade beim Laufen. Die Anlaufschmerzen beim Lauftraining waren so gut wie weg. Meine Achillesferse machte keine größeren Probleme und auch die Plantarfaszie hatte sich verbessert. Ich hatte weiterhin noch dieses Kribbeln im linken Oberschenkel, das mich schon sehr lange, mal mehr, mal weniger, begleitet. Meine Entzündung am Sitzbein und das damit verbundene Ziehen in den Hamstrings wurde auch besser. Nur der Blähbauch war da wie immer. Doch nun waren wieder mehr Nahrungsmittel erlaubt und damit verschlechterte sich mein Befinden auch wieder etwas. Ob das nun in Zusammenhang mit den Lebensmitteln stand, ist nicht eindeutig zu sagen. Auch, ob die Nahrungsmittel, auf die ich laut IGG-Test eine Reaktion gezeigt hatte – u.a. Kurkuma, Wein, Ingwer, Kuhmilchprodukte, Eier, Mandeln, Ananas und noch weitere – meinen Körper wirklich negativ beeinflussen, ist mir weiterhin unklar. Das konnte ich so nicht eindeutig feststellen.
Ich bin einfach kein Ernährungsfreak
Erfreulich war meine Leistungsdiagnostik im Frühjahr 2019 beim ZeDI – Zentrum für Diagnostik und Intervention im Sport. Anhand der Bioimpendanzanalyse wurde festgestellt, dass sich meine Körperzusammensetzung deutlich verbessert hatte. Bei identischem Körpergewicht hatte ich nun einen viel niedrigeren Fettanteil, dafür mehr Muskelanteil. Klar, wenn man sich gesünder ernährt und keine Süßigkeiten mehr isst. Mein Training konnte ich ohne Einschränkungen bis zum Bonn-Triathlon absolvieren. Alle Wehwehchen waren nicht weg, aber in einem tolerierbaren Rahmen. Das Projekt mit dem SWR ist abgeschlossen und ich versuche, weiterhin weniger Süßigkeiten und so wenig verarbeitete Lebensmittel wie möglich zu essen.
Das Projekt hat schon etwas zum Umdenken angeregt und gerade das Thema Zucker sehe ich jetzt mit anderen Augen. Doch ich werde wohl nie ein Ernährungsfreak, der sich auf irgendeine Seite der verschiedenen Ernährungsreligionen schlägt.
Fotos: Challenge Madrid