Jahrelang war Judith Mess eine sehr erfolgreich Triathletin. Doch irgendwann wurde das Training und die Rennen immer mehr zum Pflichtprogramm.
Es folgten viele Jahre ohne Wettkämpfe. 2023 stand Judith wieder bei der Challenge Roth am Start. Warum und wieso, das erklärt sie euch in ihrem Beitrag.
Am letzten Juni-Wochenende 2023 stand ich beim Challenge Roth an der Startlinie und fühlte mich wieder wie ein Rookie. Nach sechs Jahren Triathlonabstinenz wagte ich in diesem Jahr eine Art Comeback.
Um es gleich vorwegzunehmen: Der Tag in Roth lief leider nicht wie erhofft, dennoch bin ich zufrieden, mit dem, was ich an diesem Tag gezeigt habe. Noch vor zehn Jahren drehte sich in meinem Alltag vielleicht nicht alles, aber sehr vieles um Triathlon. Ein Jahr ohne Rennen gab es nicht und eine so lange Auszeit war damals für mich quasi unvorstellbar. Doch was war passiert?
Mit Triathlon groß geworden
Ich mache Triathlon schon mein ganzes Leben lang. Erst startete ich beim Nachwuchscup, dann in der Landesliga und irgendwann standen die längeren Strecken auf meinem Plan. Nach einigen sehr guten Rennen über die Langdistanz und diszipliniertem Training nach Trainingsplan, verlor ich langsam immer mehr den Spaß am Sport. Trainingseinheiten wurden immer mehr zu etwas, was ich auf einer to-do-Liste abhackte. Dazu kam, dass sich mein Studium dem Ende neigte und ich deutlich weniger Zeit hatte und nicht mehr sehr flexibel war. Dadurch konnte ich mein bisherige Leistungsniveau nicht mehr halten.
Da ich aber ein absoluter Wettkampftyp bin und weiß, wie sehr ich an einem Renntag über mich hinauswachsen kann, machte ich weiter Wettkämpfe und quälte mich immer mehr zum Training.
Die Lust am Triathlon verloren
Das führte zu Frust, durchschnittlichen oder gar schlechten Rennen. Der Spaß wurde immer weniger. Daher entschied ich mich 2017 ersteinmal aufzuhören, keine Rennen mehr zu bestreiten. Auch das fiel mir nicht leicht, ich bin sehr ehrgeizig, gehe gern an meine Grenzen und suche die Herausforderung.
Doch es hat für mich einfach nicht mehr funktioniert. Ganz ohne Sport ging es allerdings auch nicht. Also habe ich weiter trainiert. Mehr oder weniger regelmäßig. Rennen standen keine auf dem Plan. Bei meinen Trainingseinheiten ging es primär darum, einfach Spaß zu haben und das zu machen, worauf ich Lust hatte. Und mit der Zeit gelang es mir, wieder Spaß zu haben. Insbesondere die langen Radeinheiten machten wir wieder super viel Freude und ich liebäugelte langsam damit, wieder ein paar Rennen zu bestreiten.
Ich merkte auch, dass ich im Kopf wieder bereit dazu war, ohne an die Vergangenheit und Bestzeiten zu denken. Ich hatte wieder Lust auf Wettkampfluft und entschied ich mich für ein „Comeback“ in Roth. Einen Vorsatz, den ich mir dabei vorgenommen habe, war es, mich nicht zum Training zu quälen, sondern einfach darauf zu schauen, worauf ich Lust hatte und eine gesunde Balance zwischen ambitionierter Wettkampfvorbereitung und Spaß zu behalten.
Challenge Roth – Training und Wettkampf
Die Vorbereitung auf die Challenge Roth war solide. Ich genoss die langen und harten Trainingseinheiten, ließ aber auch die eine oder andere Radeinheit im verregneten Frühjahr aus, da ich mich nicht stundenlang auf der Rolle quälen wollte. Ich fühlte mich bereit und freute mich darauf, einen Tag lang Sport zu treiben, wieder an meine Grenzen zu kommen und zurück im Wettkampfgeschehen zu sein.
Mit dem Startschuss und dem ersten Schwimmzug merkte ich, dass dies ein harter Tag werden könnte. Ich fühlte mich von Beginn an kraftlos. Da ich aber weiß, dass sich das Blatt an einem solchen langen Tag noch mehrmals wenden kann, versuchte ich entspannt zu bleiben und einfach weiterzumachen.
Das Schwimmen fühlte sich unglaublich lang an und ich war froh, als ich endlich aus dem Wasser kam und war trotz schlechtem Gefühl erfreut über meine Schwimmzeit. Nach einem guten Wechsel, hoffte ich auf bessere Radbeine. Doch leider hatte ich auch hier von Anfang an keine Power. Ich redete mir gut zu, im Wissen, dass ich oft ein paar Kilometer brauche, um die Beine nach dem Schwimmen auf das Radfahren einzustimmen.
Ruhe bewahren
Und so blieb ich ruhig, nahm viel Verpflegung zu mir und versuchte, einfach einen vernünftigen Rhythmus für mich zu finden. Nach 30 Kilometern hatte ich endlich das Gefühl, auf dem Rad angekommen zu sein und fing an, mich wohlzufühlen. Ich genoss es, über die Strecke zu fahren. Natürlich war der Solarer Berg einfach unbeschreiblich. Die Menschenmassen, die dort an der Straße im Spalier stehen sind der Wahnsinn. Ein Erlebnis, das ich sicherlich immer in Erinnerung behalte.
Danach versuchte ich, nicht zu overpacen. Wohl wissend, dass der Tag noch lang war. Doch trotzdem machte sich langsam wieder das Gefühl von Kraftlosigkeit breit. Bei Kilometer 120 hatte ich zwischenzeitlich das Gefühl, keine Pedalumdrehung mehr zu schaffen. Meine Beine und mein Körper waren komplett leer und müde. Doch ich versuchte, weiter an mich zu glauben. Ich weiß genau, dass es immer wieder schwierige Phasen gibt, man sich aber nicht aufgeben darf, einfach bei sich bleiben muss, dann kommen auch wieder bessere Momente. Die dieses Mal leider ausbleiben. Auch die rettende Cola beim zweiten Mal Solarer Berg half nicht wirklich. Danach rollte ich gefühlt wirklich nur noch in die Wechselzone und war froh, das Rad abzustellen und endlich loszulaufen.
Laufen ist mein Ding und geht eigentlich immer. Mental hatte ich mich auf einen soliden Start eingestellt und wusste, dass es ab Kilometer 20 hart werden könnte. Doch es war bereits ab Kilometer zwei unfassbar hart. Die erste Hälfe des Marathons konnte ich fast nur gehen, ich war ausgelaugt, kraftlos und zwischenzeitlich lies ich auch den Kopf hängen. Ich war enttäuscht, so einen gebrauchten Tag erwischt zu haben und einfach nur müde. Völlig demoralisiert spazierte ich am Kanal entlang.
Doch plötzlich legte sich bei mir ein Schalter um, ich war mental wieder frischer und auch die Beine waren wieder bereit, ein wenig zu laufen und so konnte ich auf der zweiten Marathonhälfte einen Großteil der Strecke laufend bewältigen. Was mir auf der Laufstrecke wirklich geholfen hat, waren die unzähligen Fans an der Strecke, die uns angefeuert haben, obwohl der Tag ja schon deutlich fortgeschritten war und das Topfeld lange bereits im Ziel war. Dennoch standen ständig Zuschauer an der Strecke, feuerten an und brachten mich sogar ab und an zum Lächeln. Ich war unendlich froh, als ich endlich das Ziel erreichte und wusste, dass ich es geschafft hatte.
Stolz auf meine mentale Leistung
Es fiel mir zunächst schwer, ein Fazit zu dem Rennen zu ziehen. Klar war ich im ersten Moment froh, es geschafft zu haben, aber sicher war ich auch ein wenig enttäuscht, weil ich einen gebrauchten Tag erwischt hatte. Es war mental ein echter Kraftakt, nicht aufzugeben, sondern weiterzumachen und auf bessere Momente zu hoffen. Als ich das realisiert habe, habe ich gemerkt, wie stolz ich eigentlich auf diese Leistung sein kann. An einem starken Tag, ein gutes Rennen abzuliefern, ist auch eine Leistung, aber an einem schlechten Tag, einfach weiterzumachen, bei sich zu bleiben und nicht aufzugeben, ist meiner Meinung nach noch viel höher einzuschätzen. Und so fällt mein Fazit sehr positiv aus.
Ich habe gelernt, dass ich noch an meine Grenzen gehen kann und mental stark genug bin, um ein solches Langdistanz-Rennen zu bestreiten. Ich habe mentale Stärke gezeigt und wieder die Freude am Wettkampfsport und der langen Vorbereitung auf eine Langdistanz gefunden. Ich bin auch in der Vorbereitung oft an meine Grenzen gestoßen und doch habe ich immer weiter gemacht und Freude gehabt. Daher kann ich jetzt schon sagen, dass das sicher keine Eintagsfliege war und ich auch nächstes Jahr wieder an einer Startlinie stehen werde. Wo und über welche Strecken lasse ich mir noch offen, aber ich kann definitiv sagen: Comeback geglückt.
Text: Judith Mess
Fotos: privat