Steffi Steinberg berichtet über ihren Sieg beim Ultraman Florida. 517 Kilometer –
10 Kilometer Schwimmen, 423 Kilometer Radfahren und 84 Kilometer Laufen – an drei Tagen.
Die Idee, einmal einen Ultraman zu bestreiten, hatte ich bereits 2014. In diesem Jahr betreute ich als Volunteer zusammen mit meinem Mann Gerry einen peruanischen Athleten mit deutschen Wurzeln. Ich war sofort inspiriert von diesem Rennformat und von der familiären Atmosphäre.
Mein Jahr 2016 lief alles andere als geplant. Ich konnte beim Ironman Hawaii nicht starten, weil ich mir in der Rennvorwoche beim Standspaziergang einen Zehen gebrochen hatte. Daraufhin startetet ich im Dezember beim Ironman Western Australia, weil ich wußte, dass meine Form gut war und holte mir erneut den Hawaii Slot für 2017. Nach einer Ruhepause bereitete ich mich von Januar bis Mitte Februar in Südafrika auf den Ultraman Florida vor. In dieser Zeit hat mich allerdings ein Virus drei Wochen dermaßen außer Gefecht gesetzt, dass mein Ultraman-Start vom 16. bis 18. Februar auf der Kippe stand. Erst sieben Tage vor dem Rennen entschied ich mich, zu starten. Allerdings war mein großes Ziel, den Gesamtsieg zu holen, in weiter Ferne gerückt.
Meine Trainingsvorbereitung
Mein Training unterschied sich in der Vorbereitung nicht wirklich viel zu meinem üblichen Langdistanztraining. Wer mich kennt, weiß, dass ich nicht so gerne „lange Einheiten“ über drei Stunden auf dem Rad absolviere und mehr als zwei Stunden laufe. Der einzige Unterschied beim “Ultratraining” war, dass ich noch mehr Wert auf die Kräftigung meines Rumpfes gelegt habe und ich manchmal zwei Mal am Tag ins Wasser oder auch laufen ging.
Bei der Rennverpflegung entschied ich mich erst wenige Tage vor dem Rennen, alles komplett “flüssig” zu machen, was im Nachhinein sehr gut für mich war. Mit den Worten meines Trainers in den Ohren, „Steffi, in diesem Rennen entscheidet mehr die mentale Härte. Dein Trainingszustand reicht allemal, aber wie du mit den Schmerzen zurechtkommst, entscheidet über den Sieg!“, ging ich die neue Herausforderung motiviert an.
Der Sieg war mein Ziel
Ich reiste am 11. Februar für einen Tag von Südafrika nach Deutschland und meine Crew holte mich vom Flughafen ab. Mein Team bestand aus Christiane Bauer, Ruth Benner und dem Teamcaptain Gerry Steinberg. Ich war sehr angespannt und hatte auch mehrfach sehr emotionale Momente. Meine Crew verbreitete allerdings von Beginn an gute Laune und das tat mir unheimlich gut. Am 12. Februar ging es nach Miami. Der Ultraman ist eine logistische Meisterleistung, weil an allen drei Tagen das Ziel an einem anderen Ort in Florida ist. Wir entschieden uns daher, mit einem Camper und einem Van das Rennen zu bestreiten. Alle anderen Athleten hatten zumeist mehr als vier Crewmitglieder. Wir waren mit drei Leuten eher dünn besetzt, aber ich kann es nicht in Worte fassen, wie unglaublich dankbar ich für meine Crew war. Mein Sieg mit Streckenrekord an allen drei Tagen geht zur Hälfte auch an sie.
Drei Tage beim Ultraman Florida
Tag 1: Zehn Kilometer Schwimmen im offenen Gewässer, irgendwo in der Umgebung von Orlando, wo man nie genau weiß, ob da im Wasser nicht doch ein gefräßiger Alligator schwimmt, standen auf dem Programm. Begleitet wurde ich von einem Kajak. In diesem Fall wollte ich meinen Mann Gerry dabei haben. Alle waren sehr aufgeregt. Das Schwimmen selbst war ein Drama. Wir haben eine schöne 3:16 Stunden Sightseeing-Tour durch zwei Seen gemacht. Ich bin fast verzweifelt an der Strömung im See. Auf dem Rad startet ich danach über 148 Kilometer meinen konservativen Raketenangiff und wurde mit dem Radrekord belohnt.
Puh, Tag ein geschafft und es war gar nicht so schlimm wie befürchtet. Am Abend konnten wir entspannt an einem Flüsschen mit Alligatoren dinieren. Danke an meine Crew für diesen schönen Abend.
Tag 2: Diesen Renntag ging ich mit einer gewaltigen Portion Respekt an. Wer glaubt, Florida ist flach, der täuscht. Es ging 276 Kilometer von Cocoa nach Oakland entlang durch eine wunderschöner Landschaften – durch die Sugar Hills, die giftige Antsiege zu bieten haben. Nach 8:55 Stunden und einem kleinen Verfahrer war es geschafft. Erneut stand der Tagessieg mit Streckenrekord für mich zu Buche. Meine Crew hatte fantastische Arbeit geleistet und war am Ende genauso platt wie ich – dennoch bekochten sie mich noch mit leckerem Essen, damit ich schnell regnerieren konnte, denn um 6 Uhr morgens sollte es bereits weitergehen.
Tag 3: Um 3:45 Uhr klingelte der Wecker. Meine Beine waren erstaunlich gut und ich fühlte mich super fit … so fit, dass es mir selbst etwas unheimlich war. Mein Frühstück bestand aus einem Bagel mit Nutella. Danach ging es auch schon zum Check-in. Ich bekam ein Knicklicht um den Hals und los ging der Spaß. Der Laufkurs: 84 Kilometer kreuz und quer von Clermont über die Sugar Hills und den roten Clays bis nach Windermere. Traumhaft.
Ich startete sehr konservativ, merkte aber schnell, dass ich permanent mit angezogener Handbremse lief. Nach 42 Kilometer forcierte ich das Tempo und setzte mich immer weiter von meiner Konkurrenz ab. Es wurde heiß. Ich liebe die Hitze. Meine Crew war im Stress, ich merkte es. Sie mussten navigieren, mir Wasser, Gel und Eis reichen. Ich entschied mich am Abend vorher nur Wasser und drei Gels alle zwei Stunden zu nehmen. Bei einer Pace von 5:20 bis 5:30 Minuten pro Kilometer und einem Puls von 130-135 Schlägen in der Minute verbrauchte ich rund 30 Gramm Kohlenhydrate in der Stunde. Alles passte. Ich war super gelaunt bis ich leider falsch abbog und von der Strecke abkam. Als meine Crew es bemerkte, war ich schon 2,7 Kilometer gelaufen. Jetzt hatte ich Wut im Bauch und sah die Konkurrenz, die ich bereits überholt hatte, wieder vor mir. Aber mein Kopf war stark, sehr stark und meine Beine gehorchten. Mein Ziel war bereits jetzt zu 99 Prozent erfüllt – der Gesamtsieg mit Streckenekord und der Tagessieg mit Streckenrekord waren mir so gut wie sicher.
Die letzten Kilometer waren schmerzhaft, sehr schmerzhaft. Ich suchte verzweifelt das Ziel. Tränen liefen mir auf den letzten Metern über das Gesicht. Der Sieg beim „Ultraman Florida 2017“ gehörte mir. Die letzten Meter begleitet von meiner Crew waren die schönsten, aber auch die schmerzhaftesten und auf jeden Fall ein wirklich unvergesslicher Moment.
Text: Steffi Steinberg
Fotos: privat
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