Zweifel, Vorfreude, Aufregung … alles ganz normale Gefühle, wenn im April die Triathlon-Saison (wieder) startet. Egal ob “alte Hasen” oder “Rookies” das Gefühlschaos ist groß, wie Rabea zu berichten weiß.
Alle Jahre wieder …
steht meist Ende April das erste Rennen der baden-württembergischen LBS Triathlon Liga im Wettkampfkalender. Meistens früher, als es einem lieb ist, denn so wirklich im Triathlon-Wettkampffieber fühlt man sich bei Aussentemperaturen unter 15 Grad noch nicht. Wenn in der Woche vor dem Saisonstart auch noch Schnee vom Himmel fällt und man sich vor dem inneren Auge eher auf Langlaufskiern als im Wettkampfeinteiler im Wasser oder auf dem Rennrad sieht, kommt man für einen kurzen Moment ins Grübeln, ob es eine weise Entscheidung war, das erste Triathlonrennen bereits Ende April zu bestreiten. Die Grübelei wich angesichts der freundlichen Wetterprognose mit Sonnenschein und milden Temperaturen allerdings schnell wieder einem Grinsen. Der erste Wettkampf in der Saison ist doch immer etwas Aufregendes: Wie ist man über den Winter gekommen? Wie ist die Form, habe ich ausreichend trainiert? Fragen – Zweifel – Fragen – Bedenken. Wilde Gedanken bestimmen das Kopfkino.
Zudem hatte ich dieses Jahr eine spezielle Situation – ich nenne sie mal eine “experimentierfreudig” Saison, da mein Saisoneinstieg ins Wettkampfgeschehne nach vier Wochen Traininsabstinez anstand. Konnte das gutgehen? Zumindest würde es eine ehrliche Standortbestimmung werden.
Einer für alle. Alle für einen
Für alle Nicht-Liga-Kenner ein kurzes Briefing, wovon ich überhaupt rede. Die LBS Triathlon Liga setzt sich aus fünf einzelnen Rennen zusammen. Der Wertungsmodus ist allerdings nicht nur auf einen individuellen Einzelkämpferwettkampf ausgelegt, wie es sonst in Triathlonrennen üblich ist, sondern auf einen Teammodus: die Platzierung der ersten drei Mädels eines Teams werden zusammengerechnet und das Team mit der geringsten Punktezahl gewinnt. Dadurch bleiben die Wettkämpfe bis zum Schluss spannend und nicht nur die vorderen Plätze entscheiden über den Wettkampf. Letztlich kommt es auf jede hart erkämpfe Plazierung an, auch eine Top20- oder Top30-Plazierung kann so auf das Podest führen. Ein Modus, der durchaus spannend und reizvoll ist und schon das ein oder andere eingeschworene Team hervorgebracht hat. Doch zurück zum ersten Teil der Rennserie.
Backnang – jetzt zählt es!
Wie auch im letzten Jahr gliederte sich der Wettkampf in zwei Teile: am Vormittag bestand das Pflichtprogramm aus 700 Meter Schwimmen im Freibad und einem anschliessenden 2-km-Lauf. Am Nachmittag aus ein 20 Kilometer langer hügeliger Radkurs und einem anschliessenden 5-km-Lauf. Der zweite Teil wurde im Jagdmodus anhand der Platzierung aus dem Swim and Run gestartet.
Die Frauenliga ist in diesem Jahr mit 17 Teams aus Baden-Württemberg vertreten – kunterbunt gemischt, von erfahrenen Profisportlern über junge Nachwuchshoffnungen, Berufstätige, Mamis bis hin zu Triathlonneulingen. Und eines verbindet sie alle: die Leidenschaft für den Triathlon, die Wettkampflust und der Spass daran, das Bestmögliche aus sich herauszuholen. Eine von ihnen war Lea, die in Backnang das erste Mal an der Startlinie eines Triathlonrennens stand und mit der ich nach dem Rennen ein kleines Interview gemacht habe.
Lea, du hast in Backnang nicht nur dein Debüt in der LBS Triathlon-Liga gefeiert und die Frauenliga als erste Schwimmerin eröffnet – es war gleichzeitig auch dein erster Triathlon übehaupt. Wie ist es dir ergangen?
Ich muss gestehen, ich war total nervös und richtig angespannt. Es war, wie du schon gesagt hast, nicht nur mein erster Triathlon überhaupt, sondern auch noch mein erster Auftritt in der LBS Liga und ich wusste, dass die Leistungsdichte dort enorm hoch ist. Ich wollte für mein Team – dem Liga-Team der Frauen des WMF BKK Team AST Süßen – auch eine gute Leistung abrufen, die uns in der Teamwertung eventuell nützlich sein könnte. Allein der Gedanke hat mich ganz schön unter Druck gesetzt. Und als „Schwimm-Neuling“ – ich schwimme inklusive einiger Unterbrechungen seit circa 1eineinhalb Jahren – die Frauenliga als erste Schwimmerin zu eröffnen und zu wissen, dass einem die ganzen schnellen Mädels im Nacken sitzen, hat zur Nervosität das Übrige beigetragen. Der Wettkampf an sich, nachdem er ersteinmal begonnen hatte, war einfach nur noch ein Wahnsinnserlebnis und ich hatte riesigen Spaß.
Das Wettkampffieber hat mich jetzt definitiv gepackt!
Neoprenanzug oder doch lieber nicht?
Der Startschuss für die Frauen fiel um 11:30 Uhr – die Ligasaison 2017 war damit eröffnet. Das Schwimmen durfte aufgrund der geringen Wassertemperatur in diesem Jahr wahlweise mit Neoprenanzug absolviert werden, was die ein oder andere Athletin vor diverse Fragen stellte: 700 Meter … da kann man schon mit Neo schwimmen, es ist ja sonst so kalt – aber rentiert es sich zeitlich wirklich? Schliesslich benötigt man auch Zeit zum Ausziehen und nicht immer klappt das besonders schnell. Das Abwägen zwischen Schwimmstrecke und schnellem Wechsel stand vielen ins Gesicht geschrieben. Für andere gab es keine grossen Überlegungen – sie hatten keinen Neoprenanzug dabei und die Entscheidung musste somit erst gar nicht gefällt werden. So auch bei Lea. Ihr ging eher die Frage durch den Kopf, wie sich wohl 700 Meter Vollgasschwimmen anfühlen und ob sie das übehaupt schaffen würde.
Viele Triathlon-Rookies stellen sich die Frage, ob sie ihr erstes Rennen übehaupt schaffen – wie war das bei dir?
Ich mache bereits seit mehreren Jahren Ausdauersport – mal mehr, mal weniger. Durch einzelne Rad- und Laufwettkämpfe konnte ich in diesen Disziplinen schon Erfahrung und Wettkampfhärte sammeln, sodass mir das Radfahren und das Laufen nicht so große Sorgen bereiteten. Anders war es dagegen beim Schwimmen: ich hatte wirklich „Muffensausen“, wie ich die 700 Meter mit Vollgas absolvieren würde und vor allem in welcher Zeit.
Das etwas andere Laufen
Gestartet wurde im 15 Sekunden Abstand. Da mein Team gleich am Anfang ins Wasser ging, konnten wir das Schwimmen ohne grössere Überholmanöver und Zusammenstösse beenden. Die Vorgabe lautete, das Schwimmen nicht zu schnell anzugehen, um ein gutes Tempo bis zum Ende durchhalten zu können und ohne, zu früh blau zu werden. Das würde noch früh genug während des 2-km-Laufes passieren. Der Plan ging auf. Und spätestens in den Laufschuhen wusste man – okay, nun Vollgas. Nur, dass sich das Vollgaslaufen nach dem Schwimmen alles andere als Vollgas anfühlte. Alle, die schon mal nach dem Schwimmen zum Badetuch gesprintet sind, wissen, wie sich das anfühlt. Zumindest nicht wie rundes Laufen! Man hat das Gefühl, die Beine wollen nicht vorwärts gehen, man atmet als wäre man Teilnehmer einer Mount Everest Expedition in 5.000 Metern Höhe und zu guter Letzt ist da noch der Kopf, der sagt, dass es jetzt auf jede Sekunde ankommt. Also versucht man, seinen Rhythmus zu finden, sich an die vor einem laufenden Mädels heranzusaugen und sich immer wieder zu sagen, es sind nur zwei Kilometer – das ist wie Intervalltraining auf der Bahn – lauf einfach, was geht! Und wenn man seinen Rhythmus gefunden hat, die Beine sich endlich wieder wie Laufbeine anfühlen, stellt man fest, 1.800 Meter sind schon vorbei, nur noch eine Kurve bis ins Ziel. Yeahh!
Nach der ersten Etappe war ersteinmal Ruhe angesagt. Es hieß, sich warm anzuziehen, die Speicher für den zweiten Teil am Nachmittag wieder aufzufüllen und das angesammelte Laktat aus den Beinchen schnellstmöglich wieder zu verbannen.
Radeln in der Gruppe will geübt sein
Am Nachmittag ging es im Jagdmodus weiter. Wie Perlen an einer Schnurr aufgereiht, standen die Mädels bereit, sich auf die Verfolgungsjagd der Führenden zu machen. Noch in der Reihe wartend versuchte man, sich bereits ein Bild über die Abstände der Mädels um einen herum zu machen und potenzielle Radgruppen “abzuchecken”. Es galt die Windschattenfreigabe. Bei starkem böigen Wind draussen auf der Strecke wollte niemand so gern allein unterwegs sein. Der Radkurs war abwechslungsreich und erforderte technisches Geschick. Vor allem in den Abfahrten. Enge Kurven und Wendepunkte verlangten die volle Aufmerksamkeit, gerade wenn man in einer Gruppe unterwegs ist. Teils rückte der Radkurs sogar in den Hintergrund und der Fokus richtete sich auf das Fahrkönnen oder auch Nichtkönnen der Mitfahrerinnen. Der Kopf und die Beine waren permanent damit beschäftigt, eine Gruppe zu halten, die Hügel hochzustrampeln und die Abfahrten zu meistern. Das Radfahren verging wie im Flug.
Auf die Zähne beißen und positiv bleiben
Ab in die Wechselzone, Laufschuhe finden, schnell wechseln und auf zum abschliessenden 5-km-Lauf. Die Strecke war einfach, zwei flache Runden. Vielleicht zu einfach?! Je eintöniger die Strecke, desto mehr wird die mentale Stärke gefordert – der Kopf hat plötzlich viel Zeit, sich viele Gedanken zu machen. Da hilft es nur, positiv zu bleiben, an sich und sein Können zu glauben, auch wenn sich das Laufen nicht schnell und leichtfüssig anfühlt. Egal, einfach weitermachen, dranbleiben, sich die Strecke in kleine Abschnitte einteilen. Laufen kann ja angeblich jeder – egal in welchem Zustand.
Lea, was ging dir vor und nach dem Wettkampf durch den Kopf?
Mir sind direkt vor dem Start die ganzen organisatorischen Sachen durch den Kopf gegangen und haben mich, zugegebenermaßen, eindeutig (über)fordert. Ich war vor allem mit der Frage beschäftigt, ob ich alles Notwendige in den Wechselzonen verstaut hatte. Es war alles neu und ich war über jeden Rat von meinen Teamkolleginnen und den Betreuern sehr dankbar. Ich bin in Gedanken immer wieder die Wechsel durchgegangen. Das hat mir definitiv geholfen. Nach dem Rennen war ich einfach nur noch im Freudentaumel: es hat alles geklappt, ich habe bei den Wechseln nichts vergessen, die Radkilometer sturzfrei überstanden und ich habe die Leistung in meiner Parade-Disziplin – dem Laufen – abrufen können.
Lea, was würdest du anderen Mädels empfehlen, die sich überlegen, einen Triathlon zu machen? Und was sollten sie auf keinen Fall machen?
Ich habe mir im Vorfeld eindeutig zu wenig Gedanken über die Wechsel gemacht und diese im Training zu wenig geübt. Ich würde den anderen Mädels empfehlen, sich den genauen Ablauf bewusst zu machen und sich die Wechsel anzuschauen. Es gibt auch kurze Youtube-Videos zu diesem Thema, die hilfreich sind. Am besten wäre es meiner Meinung nach, einmal als Zuschauer bei einem Triathlon dabeizusein, sich alles live anzusehen, um das Gesehene danach bei einem Wechseltraining in entspannter Atmosphäre zu üben. Der Spaß sollte aber immer im Vordergrund stehen und deswegen sollte man wirklich versuchen, sich selbst keinen Druck zu machen, dann klappt es meistens auch am besten .
Danke Lea für deine Einblicke in deinen ersten Triathlon und fürs Teilhabenlassen an diesem Erlebnis.
Text: Rabea Vögtle
Fotos: privat