Radvermessung: Komfort ist Trumpf

Bikefitting bei Specialized

tritime women Botschafterin Judith Mess, ist in dieser Saison auf der Zeitfahrmaschine “Shiv” von Specialized unterwegs. Bevor das Training losging, stand ein Bikefitting auf dem Programm.

Von Specialized habe ich dieses Jahr die Möglichkeit bekommen, das Triathlonrad “Shiv” ausgiebig zu testen. Doch bevor es losging, wurde ich für ein Fitting in die Specialized Zentrale nach Holzkirchen eingeladen. Dort sollte ich und das Rad bei einem professionellen Fitting optimal aufeinander eingestellt werden.

Bisher habe ich bei den Einstellungen meiner Räder immer einen gänzlich unwissenschaftlichen Ansatz verfolgt und einfach ausprobiert, was sich auf dem Rad gut anfühlte. Zugegeben ich bin nicht sonderlich beweglich und ein Großteil meiner Muskeln sind ziemlich verkürzt, die perfekte aerodynamische Position ist daher für mich körperlich eher schwierig zu realisieren. Ich war also sehr gespannt und auch etwas skeptisch, in wieweit dies Auswirkungen auf das Fitting hat und ob das Rad trotzdem so eingestellt werden könnte, dass ich in dieser Position komfortabel und trotzdem nicht gänzlich unökonomisch auf dem Rad sitzen würde. Da ich in diesem Jahr einen Ironman plane, sollte die Position mich über 180 Kilometer bringen und zwar so, dass ich im Anschluss noch einen Marathon laufen kann.

Das Fitting war in drei Teile gegliedert. Zunächst ging es darum in einem Gespräch mich und meine sportliche Vergangenheit besser einzuschätzen, danach wurden einige Tests hinsichtlich meiner Beweglichkeit und der körperlichen Konstitution durchgeführt. Im letzten Schritt wurden auf dem Rad die erforderlichen Anpassungen vorgenommen.

Teil 1: Sportliche Anamnese

Zunächst wurden mir einige Fragen über mich und meine sportliche Vergangenheit gestellt: seit wann ich Rad fahre, welche anderen Sportarten ich noch mache, wieviel Zeit ich durchschnittlich auf dem Rad sitze, etc. Hinzu kamen Fragen zu meinem Alltag – verbringe ich viel Zeit im Sitzen oder Stehen. All dies sind Faktoren, die sich auch auf uns und unsere Beweglichkeit auswirken und daher bei der Radposition zu beachten sind.

Danach  sprachen wir über vergangene oder bestehende Verletzungen. Im ersten Moment fiel mir dazu nicht viel ein – bisher hatte ich, mit Ausnahme von ein paar kleineren Angelegenheiten, kaum Probleme. Doch durch gezielte Fragen von Jan Bruns von Specialized kam doch das ein oder anderen Wehwehchen zum Vorschein. Ja, in der Vergangenheit hatte ich häufig zu Beginn der Radsaison starke Verspannungen und Schmerzen im rechten Nacken- und Schulterbereich. Zudem hatte ich zeitweise auf dem Triathlonrad mit tauben Fingern zu kämpfen, auch wenn sich dies mit der Zeit legte, ist es natürlich besser, wenn solche Probleme erst gar nicht auftreten. Auch andere Aspekte wie taube Füße oder verspannte Waden nach dem Radfahren, die zu Schwierigkeiten beim abschließenden Laufen führen können, wurden abgefragt.

Sehr gut gefallen hat mir, dass ich nach meinen Wünschen an die Position gefragt wurde: wollte ich beispielweise eine möglichst sportliche, aerodynamische, gar aggressive oder lieber die komfortable Position auf dem Rad. Mein Wunsch war hier ganz klar: so sportlich wie möglich, aber eben auch so, dass ich ohne Schmerzen beziehungsweise Verspannungen nach 180 Kilometer vom Rad steigen könnte. Kurzum, ich möchte mich wohlfühlen und dennoch schnell sein. Mal schauen in wie weit dies umzusetzen ist.

Funktionestest beim Bikefitting

Teil 2: Körperliche Funtkionstest

Zunächst wurde der Abstand meiner Sitzknochen gemessen, um so die ideale Breite des Sattels auszuwählen. Schmerzen im Gesäßbereich kommen größtenteils von der Wahl der falschen Sattelbreite. Ist der Sattel zu breit oder zu schmal, kommt es beim Radfahren ständig zu einer Reibung. Ich bin gespannt, ob ich mit dem Sattel nun meine Sitzschmerzen verringern kann. Als nächstes wurden meine Füße und mein Fußgewölbe vermessen, hierdurch sollte überprüft werden, wie stark mein Fußgewölbe ausgeprägt ist sowie etwaige Unterschiede der beiden Füße festgestellt werden. Dies ist wichtig, um die richtigen Einlagen zu wählen, sollte dies erforderlich sein. Danach ging es an die Beweglichkeit meiner Beine. Neben den klassischen Test, wie die Überprüfung, ob ich mit den Fingern bei gestreckten Beinen an meine Zehen oder gar auf den Boden komme, wurde insbesondere auch die Hüftbeweglichkeit gemessen. Diese wurde mit einem Winkel festgehalten, um diesen anschließend auf die Radposition zu übertragen.

Eine interessante Übung waren für mich beispielsweise die einbeinigen Kniebeuge, hier ging es darum, zu erkennen wie kräftig und stabilisierend die Beinmuskulatur ist. Bei mir war es so, dass ich sehr wacklig bei den einbeinigen Kniebeugen war und auch leicht nach innen knickte, vor allem mit dem linken Bein. Dies zeigte sich auch auf dem Rad – mein linkes Knie neigt sich verstärkt nach innen.

Körperwinkelvermessung beim Bikefitting
Nachdem auch noch meine Beweglichkeit im Oberkörper und insbesondere im  Schulterbereich angeschaut wurde, ging es weiter zum dritten Teil der Vermessung, bei dem die erforderlichen Anpassungen auf der Zeitfahrmaschine vorgenommen wurden.

Teil 3: Einstellungen auf dem Rad

Zunächst wurden meine Pedalplatten in der richtigen Position an den Schuh montiert. Wichtig ist, dass sie so angebracht sind, dass man beim pedalieren parallel zum Rahmen bleibt. Nachdem die Pedalplatten richtig montiert waren und auch der Sattel ausgetauscht wurde ging es nun aufs Rad. Der Sattelhöhe wurde zunächst grob an meine Schrittlänge angepasst und ich durfte losradeln. Wichtig war dabei, dass ich nicht gänzlich locker pedalierte, sondern schon etwas Druck auf die Pedale brachte. Denn genau unter dieser Belastung sollte die Position ideal sein. Die Sattelhöhe wurde anhand der vorhin gemessenen Winkel und meiner Beweglichkeit angepasst und überprüft. Auch mein Sattel wurde in seiner Ausrichtung angepasst, sodass ich nicht zu weit vorne oder hinten sitze, um zum einen die Kraft optimal zu übertragen, aber auch, um Knieschmerzen oder Fehlhaltungen zu vermeiden.


Als die passende Sattelposition gefunden war, ging es an die Einstellung des Lenkers. In der Aeroposition sollte in etwa zwischen Oberarm und Unterarm ein 90 Grad Winkel sein, daher wurde der Lenker etwas höher gesetzt. Vom Gefühl habe ich mich bereits zu diesem Zeitpunkt recht wohl auf meinem neuen Testrad gefühlt. Die Aeroposition war angenehm. Lediglich die Extensions waren etwas zu lang und wurden im Anschluss an das Fitting vom Mechaniker entsprechend gekürzt. Bisher hatte ich immer das Gefühl, dass mein Oberkörper zu überstreckt war und ich mich zu sehr nach vorne recken musste, um an die Schalthebel zu kommen.

Zu guter Letzt wurde die Position von vorne betrachtet, um festzustellen, ob durch Einlagen Korrekturen auf die Pedalbewegung vorgenommen werden sollten. Wie bereits erwähnt, knickt insbesondere mein linkes Bein/Knie etwas zu sehr ein und ist daher zu nah am Oberrohr. Durch entsprechende Einlagen soll dies künftig verhindert werden.

Bikefitting am Triathlonrad
Nach circa zwei Stunden war ich und mein neues Rad optimal aufeinander eingestellt. Ich persönlich ziehe ein sehr positives Fazit nach meinem ersten Bikefitting. Der Ansatz war sehr individuell und es wurde versucht, mich und das Rad aufeinander einzustellen. Ich wurde immer nach meinem persönlichen Empfinden gefragt. Alle Anpassungen erläuterte mir Jan genau, damit ich nachvollziehen konnte, warum die Einstellung vorgenommen wurden. Ich bin  gespannt, wie sich die Position in der Praxis anfühlt und freue mich auf viele Stunden und Kilometer auf meinem Shiv, das ich euch demnächst auch noch genauer vorstellen werden.

Text: Judith Mess
Fotos: Fushika Production