Essen nach Plan!

Essen genau nach Bedarf, das klingt eher, als wäre es spaßfrei. Julia Mai schwört darauf, denn sie weiß, welche Nährstoffe ihr in welcher Situation guttun.

Julia Mai ist seit über zehn Jahren Triathletin – seit 2011 ist die sympathische Offenbacherin, die 2013 den Ostseemann für sich entscheiden konnte, auch als Profi unterwegs. Die 36-jährige Laufschuhexpertin arbeitet halbtags in einem Frankfurter Lauffachgeschäft, die restliche Zeit steht für das Training zur Verfügung. Im Gespräch mit tritime-women.de verrät sie mehr über ihre Ernährungsstrategie, die eine nicht unwichtige Rolle in ihrem Alltag spielt. Am liebsten isst sie frische, unbehandelte Produkte, die sie selbst zubereitet hat. Auch auf Reisen und im Urlaub. Deswegen gilt: Appartement mit Küche bevorzugt. Ergänzend stehen dann nur noch Protein-, Kohlenhydratpulver und Aminosäuren-Präparate auf dem Speiseplan.

Julia, was bedeutet für dich gutes Essen?
Gutes Essen ist für mich Nahrung, die so unbehandelt wie möglich ist, denn das bedeutet für mich Genuss. Verkochtes Essen und Lebensmittel mit künstlichen Zusatzstoffen kommen bei mir nicht auf den Teller. Außerdem möchte ich wissen, woher die Produkte kommen.

Welche Rolle spielt Ernährung für dich im Alltag?
Ernährung spielt eine große Rolle und ist für mich neben dem Training die Basis für sportliche Erfolge, mentale Ausgeglichenheit und für ein gesundes Leben. Essen ist wie Zähneputzen für mich. Ich esse eigentlich nicht mehr, worauf ich Lust habe, sondern das, was mir guttut. Der Zeitpunkt und die Menge sind mehr oder weniger genau festgelegt. Dabei brauche ich keine Riesenauswahl an Lebensmitteln, um glücklich zu sein. Ganz im Gegenteil, zu viele verschiedene Produkte lösen Stress in meinem Körper und Unverträglichkeiten aus. Für eine optimale Nährstoffabdeckung brauche ich weniger, als man meinen könnte.

Wie kochst du? Und wie viel Zeit benötigst du?
Da ich viel Rohkost esse, muss ich mir nicht so wahnsinnig viele Gedanken zu neuen Rezepten machen. Und die Vorbereitungszeit in der Küche ist dadurch auch sehr gering. Ich esse pro Tag immer drei Mahlzeiten, die meine Grundversorgung abdecken. Je nach Trainingsplan, sprich Härte und Länge der Einheiten, gibt es vor und nach dem Training noch einen Snack, der meist reich an Kohlenhydraten ist. Generell esse ich gluten- und zuckerfrei. Die drei Grundmahlzeiten sind eher kohlenhydratarm. Das bedeutet, wenn ich nicht trainiere, gibt es so gut wie keine Kohlenhydrate. Während des Trainings gibt es Bananen, Hirse-Reisflocken oder glutenfreie Haferflocken. Brot esse ich nie. Vor einem Wettkampf stehen ungeschälter Reis und Kartoffeln auf dem Programm. Darüber hinaus sind mir natürliche Nahrungsmittel wichtig, wie zum Beispiel Quark, Leinsamen, Kokosraspeln und Grundnahrungsmittel, die mir schmecken. Sonst würde ich den ganzen Tag Süßkram essen. Durch meinen Ernährungsplan weiß ich beispielsweise, dass abends Quark mit Honig nicht so wertvoll ist wie etwas Lachs und Gemüse.

Ernährungsplan?
Vor zwei Jahren habe ich ein Ernährungscoaching gemacht, bei dem mein Grundumsatz im Alltag und im Wettkampf berechnet wurde und ergänzend die benötigten Nährstoffe. Danach musste ich die meisten Nahrungsmittel erst einmal abwiegen, um die richtige Menge zu wählen. Heute habe ich das im Gefühl. Das klingt jetzt zwar wahnsinnig anstrengend und bestimmt für viele spaßfrei, aber für mich ist das der optimale Weg, um mich fit zu fühlen, gesund zu bleiben und eine gute Leistungsfähigkeit zu haben. Außerdem habe ich auf diesem Weg meine Neurodermitis und diverse andere Unverträglichkeiten in den Griff bekommen. Ein großer Fehler, der meiner Meinung nach häufig gemacht wird, ist, zu wenig zu essen, denn das verursacht nur, dass der Stoffwechsel einschläft. Heißhungerattacken und Energielöcher kenne ich so gut wie nicht. Dafür ist die richtige Energiemenge verantwortlich, die ich genau kenne. Ein schöner Nebeneffekt: Ich halte immer mein Gewicht.

typisches Frühstück
200 g Quark
10 g Leinsamen
20 g Kokosflocken,
10 g Eiweißpulver

Mittagstisch
125 g Fisch
20 g Olivenöl
Gemüse nach Lust und Laune

Und wie sieht ein normaler Tag ernährungstechnisch bei dir aus?
Bei mir gibt es viele kleine Mahlzeiten. Auch Nahrungsergänzungsmittel spielen eine Rolle. Für ein „normales“ Leben ohne Profisport wäre das vielleicht nicht nötig, aber für jemanden, der einen sehr hohen Verbrauch an Nährstoffen hat, ist es meiner Meinung nach unabdingbar. Zu meinen Sportmalzeiten mische ich beispielsweise immer etwas Protein-, Aminosäuren- oder Kohlenhydratpulver. Das verbessert die Regeneration und ist Power für die Muskeln. Außerdem sind diese Pulver praktisch zu transportieren und in Wasser anzurühren. Mein Frühstück besteht jeden Tag aus Quark, Leinsamen, Kokosflocken, ein bisschen Eiweißpulver, viel Wasser und leckerem Kaffee. Mittags gibt es Gemüse, Erdnüsse und beispielsweise Mozzarella oder Eier. Abends dann Fisch, Fleisch und Gemüse. Vor dem Schlafen esse ich Quark mit Chia-Samen. Das ist eine super Omega-3-Mischung mit sechs wichtigen Fettsäuren. Dazu Kokosraspeln, Walnüsse und Glutamin und BCAA-Pulver.

Wie verpflegst du dich während des Trainings und im Wettkampf?
Bei den langen Radeinheiten kommt es immer darauf an, in welcher Intensität ich unterwegs bin. Während einer Kompensationseinheit reicht es aus, Erdnüsse zu essen und davor ein Glas Kokosmilch mit Eiweißpulver zu trinken. Wenn ich im GA1-, GA2-Bereich oder noch intensiver trainiere, dann trinke ich einen Energiespender aus Maisstärke, der mit Aminosäuren und Vitaminen angereichert ist. Dafür muss ich anhand einer Leistungsdiagnostik genau wissen, wie viel Energie mein Körper benötigt, sonst laufe ich Gefahr, meine Speicher durch zu wenig Kohlenhydratnachschub derart zu entleeren, dass sich nach der Einheit die Regeneration verzögert beziehungsweise die Leistung schon während der sportlichen Aktivität abfällt. Das gilt natürlich auch für den Wettkampf. Die Ernährung muss auf jeden Fall glutenfrei sein und darf meinen Magen nicht belasten. Für Wettkämpfe wiege ich die Pulvermengen allerdings je nach Strecke und Wetterbedingungen extra ab: Damit steht und fällt das Ergebnis.

Auf was willst du ernährungstechnisch nicht verzichten?
Ganz klar: auf Kaffee. Ich finde aber, dass verzichten der falsche Ausdruck ist. Ich verzichte nicht. Alles, was ich in meinem Leben tue, mache ich aus voller Überzeugung und weil es für mich das Richtige ist. Auch meine sehr strukturierte Ernährungsweise gehört zu meiner Lebensphilosophie.

Favorisierte Lebensmittel
Gemüse (kein Salat – besteht fast nur aus Wasser), hauptsächlich Paprika, Tomaten, Brokkoli, Fisch, Quark, rotes Fleisch, Pute, Eier, Avocado, Olivenöl, Nüsse, Kokosraspeln und Leinsamen

No go
Kuchen, Weißbrot, Gummizeug und Knabbersachen

Was darf auf Reisen nie fehlen?
Kokosflocken, Eiweißpulver und Quark

Was ist dein Lieblingsessen und Rezept?
Kochen geht bei mir schnell. Rezepte gibt es in diesem Sinne nicht. Es muss schmecken und schnell gehen. Ein „pflegeleichtes“ Essen ist zum Beispiel gewürzter Lachs, in Alufolie gewickelt und im Backofen gegart. Dazu Paprika oder Spinat als Beilage servieren. Fertig! Und man muss nicht kochen können.

Was hältst du von veganer/vegetarischer Ernährung?
Ich denke, jeder sollte sich so ernähren, dass er sich in seinem Körper wohlfühlt, das ist das Wichtigste. Wenn man das beachtet, isst man automatisch keinen oder wenig Zucker oder künstlich verarbeitete Nahrungsmittel. Das setzt natürlich etwas Gespür für den eigenen Körper voraus. Fleisch gehört nicht zu meinen Lieblingslebensmitteln, aber trotzdem hat qualitativ hochwertiges Fleisch eine höhere biologische Wertigkeit als beispielsweise Tofu. Ebenso sind Bio-Eier und Käse wichtig für meine Ernährung. Ich persönlich glaube, wer nur Gemüse und Quark und Tofu isst, wird keine optimalen Ergebnisse in Sachen Gesundheit und Leistungsfähigkeit erzielen.

Julia, vielen Dank für den interessanten Einblick in deine Ernährungsweise

Interview: Meike Maurer
Foto: Ingo Kutsche | sportfotografie.biz