Etwas still war es im Trainingsblog von Susa Buckenlei in letzter Zeit geworden. Natürlich gibt es dafür einen Grund. Sie heißt Luna und ist nun genau einen Monat alt.
Jetzt bin ich allerdings wieder „back to Business“ und auf die Frage an die Redaktion, mit welchem Thema wir weitermachen, kam zurück: teil doch deine Erfahrungen mit Sport und Training in der Schwangerschaft.
Das mach ich sehr gerne, aber eine Sache gleich vorweg: es ist ein BLOG. Kein wissenschaftlicher Bericht über das Thema, sondern meine persönlichen Erfahrungen. Was ich gemacht habe, war für mich immer eine Bauchentscheidung. Das heißt damit auch gleichzeitig, dass sowohl anderes, als sicher auch mehr Training möglich ist, beziehungsweise das was gut und nicht guttut, sehr individuell empfunden wird.
Ich habe mich an Empfehlungen aus der Literatur und Medizin und vor allem an Ratschläge von meiner Hebamme orientiert und auch den Stimmen anderer Sportlerinnen über die Erfahrungen in Ihrer Schwangerschaft zugehört. Wie zu erwarten, habe ich dabei immer wieder festgestellt, dass wirklich nicht für jeden das Gleiche gilt.
Keine Lust auf Sport
Die ersten drei Monate sind häufig geprägt von Übelkeit, aber auch von Müdigkeit und Antriebslosigkeit. Ersteres hielt sich bei mir in Grenzen, aber die Unlust, mich zu bewegen, war enorm. Und da ich mir vorgenommen hatte, hauptsächlich auf mein Gefühl und meinen Bauch zu hören, habe ich vor allem im zweiten und dritten Monat kaum Sport gemacht. Danach wurde es schlagartig besser – pünktlich zu unserem Campstart auf Fuerteventura. Allein die Sonne und das Klima haben mir unheimlich gutgetan.
Zu Beginn der Schwangerschaft dachte ich, dass es vor allem das Radfahren und Schwimmen sein würde, was ich während der Schwangerschaft machen würde. Das war allerdings nicht wirklich der Fall. Schwimmen im warmen Meer im späteren Sommerurlaub habe ich sehr genossen – im Pool war es mir tatsächlich einfach zu kalt. Auch meine bekannte Unlust auf stures Bahnenziehen wurde leider nicht durch die Hormone in der Schwangerschaft besser.
Radeln mit dem Mountainbike
Radfahren auf dem Rennrad empfand ich schon nach sehr kurzer Zeit als unangenehm – daher hatte ich mein Mountainbike mit auf die Kanareninsel genommen. Der Organismus hat erstaunlich gut funktioniert, aber zu langes Sitzen im Sattel fand ich selbst in der 14. Woche nicht mehr so berauschend. Was ich vom ersten Tag an als unangenehm empfand, war jede Belastung, die mit einem höheren Druck im Muskel bzw. Körper einherging: zum Beispiel Radfahren mit dickerem Gang und auch Krafttraining.
Kein Krafttraining für mich
An dieser Stelle habe ich mich wohl am meisten von vielen schwangeren Sportlerinnen unterschieden: gerade Krafttraining wird von vielen gerne noch recht lange ausgeübt. Für mich war es von Beginn an unangenehm. Bewegen, Kreislauf anregen, Sauerstoff „ranbringen“, ja, gerne – Belastung, die gefühlt Druck im Körper erzeugt, nein, danke.
Bergiges Laufen tat mir gut
Verblüffender Weise war es vor allem das Laufen, das mir sowohl die meiste Freude, aber auch Wohlbefinden bereitete. Da ich in Fuerteventura schon immer am Liebsten in den bergigen Trails unterwegs war, war es am Ende zwar mehr ein Run and Walk, aber genau dieser Belastungswechsel, hat mir unheimlich gutgetan. Längere flache Laufanteile mochte ich nicht mehr. Auch an den Camp-Ruhetagen haben wir lange Wanderungen gemacht, während und nach denen ich mich immer extrem gutgefühlt habe. Gerade für meinen Rücken war das wellige Gehen bis zum Ende der Schwangerschaft besser, als Spazieren in der Ebene.
Für mich war beim Laufen von Anfang an wichtig, dass ich sobald sich auch nur eine leichte Übersäuerung in der Muskulatur einstellte, ich zum Gehen wechselte. Das war schon früh der Fall und zu einer Zeit der Schwangerschaft, in der andere noch Wettkämpfe laufen. Mir sagt allerdings der logische Menschenverstand, dass das auch im frühen Stadium nicht gut sein kann.
Bewegung ohne Laktataufbau
Übersäuerung der Muskulatur und Laktataufbau bedeutet, dass ein Sauerstoffmangel im Körper auftritt. Selbst wenn man zu Beginn der Schwangerschaft sicherlich noch gute sportliche Leistung bringen kann, kann das meiner Meinung nach für die Entwicklung des Fötus nicht gut sein. An der Stelle betone ich wieder: das ist MEINE Meinung und mein Empfinden. Ich habe mit Frauen gesprochen, die sowohl hinsichtlich des Krafttrainings, also auch bei kurzen Intensitäten beim Schwimmen, Radfahren und Laufen keinerlei Bedenken und Probleme hatten.
Bewegung in der Hitze ein Unding für mich
Das Laufen wurde immer mehr zum Run & Walk – die Run-Anteile dabei immer kürzer. Idealer Weise war ich im welligen Gelände unterwegs, um auch die Statik etwas zu fordern. Komplett vorbei war es bei mir mit dem Wunsch nach Bewegung, als es draußen richtig heiß wurde. Schon nach kurzer Zeit auf den Beinen habe ich mich platt und belastet gefühlt. Bei Temperaturen über 25 Grad fühlte sich jede Anstrengung – außer Schwimmen – nicht mehr gut an. Auch nicht Spazierengehen oder Radfahren. Gefühlt war das Beste für mich im Schatten die Beine hochzulegen – Bewegung hin oder her. Fazit: ich habe nichts mehr gemacht und habe die Zeit extrem ruhig und passiv verbracht.
Gewichtsprobleme?
Ein Thema, das zwar niemand gerne mag, aber sicher jede Frau zumindest am Rand beschäftigt: ist das Gewicht. Natürlich habe ich mir gerade in Zeiten von „no sports“ auch über Dinge, wie die Gewichtszunahme bzw. der Gewichtsabnahme nach der Schwangerschaft Gedanken gemacht. Alles andere wäre gelogen. Wahrscheinlich ist das auch der Hauptantrieb der meisten Frauen, in der späteren Phase der Schwangerschaft noch Sport zu machen. Heißhunger hatte ich nie und daher war es relativ leicht, mich normal und ausgewogen zu ernähren. Da ich mich aber lange Zeit überhaupt nicht bewegt habe, war es für mich fraglich, ob sich ohne Bewegung nicht ein paar extra Pfunde aufbauen würden.
Ich kann euch beruhigen: dem war nicht so. Vier Wochen nach der Geburt, mit normale Ernährung und ohne Sport ist das Gewicht fast auf Normalniveau und selbst einige Muskeln sind noch vorhanden. Das ist natürlich individuell bei jeder Frau anders, aber trotzdem rate ich davon ab, sich über das Gewicht während der Schwangerschaft zu viele Gedanken zu machen. Der Körper verändert sich sichtbar, auch mit Spuren, aber das ist gut so und muss so sein.
Kompressionsstümpfe helfen auch
Am Ende hat das „Ruhe geben“ dazu geführt, dass ich gefühlt keinerlei Probleme in der Schwangerschaft und danach hatte. Gefühlt hätte mehr Bewegung auch zu mehr Belastung für die Venen, das Lymphsystem und auch der Beckenstrukturen und des Bindegewebes ect. geführt – vor allem bei den hohen Temperaturen. Also genau das, was man versucht durch Bewegung zu verhindern. Mir haben an dieser Stelle Lymphdrainagen und medizinische Kompressionsstrümpfe deutlich mehr geholfen.
Erst als es im August wieder kühler wurde, kam langsam der Wunsch nach Bewegung zurück. Trotz der langen Pause hat sich Spazierengehen oder auch kurzes, ganz lockeres Kurbeln auf dem Rad selbst jenseits der 30. Schwangerschaftswoche gut angefühlt und damit entstand auch langsam die Vorfreude auf die Zeit nach der Schwangerschaft, um mich endlich wieder „richtig“ zu bewegen.
Geburt per Notkaiserschnitt
Dann ging alles ziemlich schnell und so wie ich damals, wollte Luna schon in der 36. Woche auf die Welt und das dazu ziemlich rasant, per Notkaiserschnitt. Dieser Kaiserschnitt bremst jetzt tatsächlich auch den Drang nach Bewegung, aber so viel Geduld muss sein, damit die inneren Narben später keine Probleme machen. Ich gebe zu: so leicht es mir in der Schwangerschaft gefallen ist GAR NICHTS zu tun, so schwer fällt es mir jetzt. Das liegt sicher auch daran, dass wir endlich wieder skandinavisches Wetter haben.
Mein Fazit und Rat an alle, die sich gerade die Frage stellen, was darf ich und soll ich in der Schwangerschaft sportlich tun: lasst euch ein gewisses medizinisches Know-how über euren Körper und die Vorgänge in dieser Zeit mit Hilfe einer Hebamme geben (an dieser Stelle herzlichen Dank an meine 🙂 ). Und hört klar auf euren Bauch und nicht auf das schlechte Gewissen, das euch ins Ohr flüstert, dass es ohne Sport nicht geht.
So long – Eure Susa
Susa Buckenlei – Diplomsportwissenschaftlerin und Trainerin. Zusammen mit meinem Kollegen Matthias Frisch betreibe ich seit nun elf Jahren das Professional Endurance Team – ein Institut für Leistungsdiagnostik, Trainingsplanung, Coaching und Events im Ausdauersport.
Foto: privat