Laura Behnke berichtet über ihre erste Triathlon-Mitteldistanz in Bonn und auch darüber, wie es ist, als einer der letzten Teilnehmer ins Ziel zu kommen.
Am Sonntag, den 10. Juni 2018 war es endlich soweit. Der Tag auf den ich monatelang hingearbeitet hatte, war gekommen. Meine erste Triathlon-Mitteldistanz in Bonn stand auf dem Programm.
Die Aufregung vor dem Start ist groß
Der Wecker klingelt um 4:45 Uhr. Ich bin vor lauter Aufregung und Vorfreude schon vorher wach. Ich mache mich fertig, versuche, zu frühstücken und bekomme außer einer Tasse Kaffee kaum etwas runter. Naja, esse ich eben später noch etwas. Bis zum Start ist noch genügend Zeit.
Im Auto auf dem Weg nach Bonn zu meiner ersten Triathlon-Mitteldistanz, gehen mir tausend Gedanken durch den Kopf. Habe ich auch wirklich alles eingepackt? Sind die Beine heute ausgeruht genug? Ist der Kopf bereit für einen harten Kampf zwischen Körper und Geist? Fragen über Fragen, die sich vor einem Rennen wahrscheinlich jeder Triathlet stellt.
In Bonn angekommen, checken Papa und ich erst einmal ein und bringen alles in die Wechselzone. Zu meinem großen Vorteil ist, dass mein Papa schon einige Male in Bonn am Start war und die Abläufe und alles, was man sonst noch wissen sollte, gut kennt.
Mit dem Bus geht es danach weiter zum Schwimmstart.
Panik-Attacke beim Schwimmen
Ich quetschte mich kurz vor dem Start in meinen Neoprenanzug und merke schon, wie ich immer nervöser werde. Okay, noch eine Umarmung von Papa und dann ab auf die Fähre. Der Start von der Fähre ist eine Besonderheit beim Bonn Triathlon. Ich stelle mich extrem weit hinten auf – schließlich bin ich nicht die Schnellste und habe keine Lust auf Gedränge. Das Startzeichen ertönt und die ersten Frauen stürzen sich ins Wasser. Der Rhein ist angenehm warm und ich beginne locker mit dem Schwimmen. Allerdings merke ich schon nach wenigen Minuten, dass irgendetwas nicht stimmt. Mein Atem wird immer schneller, mein Puls steigt mehr und mehr … nach rund zehn Minuten bekomme ich kaum noch Luft und starke Hustenanfälle. Ich fange an zu hyperventilieren, na klasse! Das kenne ich so gar nicht von mir, was war da nur los?
Als eines der DLRG-Boote an mir vorbeizieht, bin ich kurz davor, abzubrechen und mich aus dem Wasser ziehen zu lassen. Doch dann erinnere ich mich an die Worte meiner lieben (Lauf-) Freundin Christiane „Aufgeben ist keine Option!“ und versuche mich, zu beruhigen. Ich schwimme eine Weile auf dem Rücken und lasse mich einfach treiben. Das hilft mir ungemein und als ich den Ausstieg sehe, spüre ich einfach nur noch pure Erleichterung. Einige Frauen meiner Gruppe sind noch im Wasser, was mich ermutigt. So langsam konnte ich also nicht geschwommen sein.
Immer mit der Ruhe
Beim Wechsel aufs Rad lasse ich mir so viel Zeit wie noch nie. Ich muss meinen Puls wieder etwas runter bekommen und mich beruhigen. Auf dem Rad merke ich, wie es mir langsam besser geht. Ich versorge meinen Körper mit Iso und einem Gel und komme langsam wieder zu Kräften. Bei Kilometer 30 steht mein Freund an der Strecke, ich signalisiere ihm, wie schlecht es mir geht und, dass ich nicht mehr kann. Er ruft mir hinterher: „Weiter so, du packst das!“ Und ich weiß auf einmal wieder, er hat recht! Ich werde es schaffen!
Ständig fahren andere Teilnehmer an mir vorbei, aber das ist mir egal. Ich achtete nur auf mich und meinen Puls. Die Zeit interessiert mich schon lange nicht mehr. Ich entschliesse mich, die Strecke zu genießen und werde mit super schönen Ausblicken belohnt.
Wieder in der Wechselzone angekommen, merkte ich, wie dringend ich auf Toilette muss. Naja, kein Wunder bei dem, was ich alles getrunken hatte. Gott sei Dank, hatte ich mir extra für die Mitteldistanz einen Zweiteiler gekauft, sodass ich keine Probleme habe einen kurzen WC-Stopp einzulegen.
Schweinehund, du kannst mich mal!
Meine Beine sind ziemlich schwer und müde, als ich loslaufe. Ich lasse es langsam angehen und muss enttäuscht feststellen, dass mein Körper keine Chance gegen meinen Kopf hat. In diesem Moment ärgere ich mich schon ein wenig über mich selbst. Ausgerechnet beim Laufen, der Disziplin, die ich so sehr liebe und in der ich eigentlich so stark bin, muss ich so zurückstecken. Ich lege immer wieder Gehpausen ein und versuche, trotzdem immer wieder zu laufen. Ich will trotz aller Schwierigkeiten meinem inneren Schweinehund ordentlich in den Arsch treten. Zwei Mal muss ich währen der 15 Kilometer eine Toilette aufsuchen, was natürlich auch wieder Zeit kostet und mich jedes mal aus dem Rhythmus bringt.
Gefühlschaos im Ziel – Glück, Freude, Schmerz und Stolz
Drei Fünf-Kilometer-Runden müssen alle Starter bewältigen und ich merke, wie immer weniger Menschen an der Strecke stehen. Ich realisiere, dass ich als eine der Letzten ins Ziel kommen werde. Aber das ist mir egal! Ich will jetzt einfach nur noch Finishen. Die Leute an den Verpflegungsständen sind großartig auf meiner letzten Runde pushen sie mich regelrecht ins Ziel. Sie rufen und jubeln mir zu, stellen sich in einer Reihe auf und machen eine Laola-Welle für mich. Das war Gänsehaut-Feeling pur. Auch die restlichen Läufer auf der Strecke lassen sich nicht entmutigen und kämpfen weiter. Wir klatschen uns gegenseitig ab und feuern uns an. Und dann stand er plötzlich da, mitten auf der Strecke, mein Papa. Er war natürlich schon längst im Ziel angekommen, kam aber noch mal zurück, um mich auf dem letzten Kilometer zu begleiten. Gemeinsam laufen wir Hand in Hand durchs Ziel und mich überkommt ein absolutes Gefühlschaos. Vor lauter Erschöpfung, lasse ich mich in die Arme meines Papas fallen und weine. Glück, Freude, Schmerz und Stolz – es überkommen mich einfach unfassbar viele Emotionen. Ich wusste in diesem Moment einfach nicht wohin damit. Ich hatte es geschafft! Ich war im Ziel meiner ersten Triathlon-Mitteldistanz – alles andere war egal!
Ich bin so happy –
im Ziel bei meiner ersten Triathlon-Mitteldistanz
Für die Neugierigen unter euch, die 3,8 Kilometer mit der Strömung des Rheins bin ich in 39:10 Minuten geschwommen. Für die 60 Kilometer lange Radstrecke brauchte ich 2:46:17 Stunden und die 15 Kilometer bin ich in 1:57:40 Stunden gelaufen. Mit meiner Gesamtzeit von 5:32:57 Stunden für meine erste Triathlon-Mitteldistanz bin ich mega happy. Ich weiß nicht, warum ich solche Probleme beim Schwimmen hatte. Heute denke ich, dass ich zu aufgeregt war und mich zu sehr in die Situation hineingesteigert habe. Ich wusste nicht genau, was mich im Wasser erwarten würde, konnte die Strömung nicht einschätzen und hatte Angst, es nicht bis zum Schluss durchzuhalten.
Ob ich 2019 wieder beim Bonn Triathlon an der Startlinie stehe?
Am Sonntagabend wäre meine Antwort definitiv „NIEMALS!“ gewesen, aber Stand heute sage ich: “Ja, wahrscheinlich schon!” Aber dann werde ich, was das Schwimmen im Rhein angeht, definitiv besser vorbereitet sein.
Mehr über Laura, wie sie zum Triathlon kam und wie durch den Sport überflüssige Pfunde gepurzelt sind, findet ihr hier.
Text: Laura Behncke
Fotos: privat