Katrin hat in den letzten Monaten das Wattmesssystem Vector 3 von Garmin auf Herz und Nieren geprüft und einen Testbericht verfasst.
Garmin stellt den Vector 3 als Plug & Play Wattmess-Pedalsystem vor, das smart und vernetzt arbeiten soll und zudem mittels einem Dualsensor die Leistung des rechten und linken Beins unabhängig voneinander speichert. Der Vector 3 soll zudem die Gesamtleistung, die Trittfrequenz und die Kraftverteilung von links und rechts sowie erweiterte Cycling Dynamics messen. Alles Funktionen, die Katrin sich genauer angesehen hat.
Warum Wattmessung?
Katrin’s übergeordnetes Ziel heißt beim Training mit Wattmesser grundsätzlich, die Leistungsfähigkeit zu optimieren, da die Messung von Leistung eine zuverlässigste Methode darstellt, um Training zu steuern, gezielte Einheiten zu fahren und vor allem keine unnötigen Kilometer zu absolvieren. Gerade für Intervalleinheiten bietet ein Leistungsmesser eine sehr gute Möglichkeit, genaue Werte zu fahren.
Beim Radfahren gelingt das Messen der Leistung als physikalische Größe (SI-Einheit ist Watt) wesentlich leichter und genauer als beim Schwimmen oder Laufen. Dort liefern, wenn überhaupt, nur indirekte Abschätzungen über mehr oder weniger passende Formeln grobe Anhaltspunkte. Am Rad gibt es gleich mehrere Ansatzmöglichkeiten, mit denen Sensoren beispielsweise die mechanische Verwindung in der Kurbel erfassen können. Während die Wattleistung der wahren „Motorleistung“ entspricht – also dem gesamten Output des Systems aus Muskeln, Herz, Knochen, Gelenken – zeigt die Herzfrequenz sozusagen nur die Arbeit der Treibstoffpumpe an.
Doch wie genau misst der Garmin Vector 3 die Leistung, was bietet er dem Nutzer und welche Daten erhält man? Mit diesem Erfahrungsbericht möchte Katrin euch den Garmin Vector 3 vorstellen und die Vor- und Nachteile aufzeigen, die dieses Wattmesssystem mit sich bringt.
Montage und Inbetriebnahme
Die Montage des Vector 3 ist im Vergleich zum Vector 2, bei dem man noch zusätzliche Pedalsensoren anbringen musste, bedeutend einfacher. Pedale vom Rad abschrauben und Vector 3 Pedale anschrauben. Benötigt wird hierzu ein Maulschlüssel. Es lohnt sich an dieser Stelle aber bereits zu erwähnen, dass ein Maul-Drehmomentschlüssel Sinn macht, denn nur mit passgenau angezogenen Pedalen, funktioniert der Vector 3 auch verlässlich.
Schnelle Wechsel von Rad zu Rad möglich
Die Montage an unterschiedlichen Fahrrädern ist einfach, zusätzliche Hilfe vom Fahrradhändler braucht man nur, wenn man nicht den notwendigen Maulschlüssel zur Verfügung hat. Ansonsten schafft man die Installation sehr gut alleine. Die Pedale lassen sich mit Look-Keo-Pedalplatten fahren. Angeblich hat das Gerät eine durchschnittliche Batterielaufzeit von bis zu 120 Stunden. Meine Erfahrung war, dass bereits nach rund 40 Stunden die Batterieleuchte an meinem Test-Vector 3 aufleuchtete. Vielleicht war es Pech, vielleicht ist es aber auch der Technik geschuldet, die das System bei einer minimalen Bewegung – zum Beispiel durch Umstellen des Rades von A nach B bereits aus dem Schlafmodus weckt und die Kopplung beider Pedale mit einem Empfänger (z.B. Edge 1000) initiiert. Dies bedeutet, dass ab diesem Zeitpunkt wird Strom verbraucht und die Batterielaufzeit sinkt.
Für den Garmin Vector 3 braucht man Knopfbatterien. Insgesamt benötigt man vier Batterien des Batterietyps LR44 oder SR44, die einfach mit Hilfe eines 4 mm Innensechskantschlüssels gewechselt werden können. Bedenkt man, dass ein durchschnittlicher ambitionierter Hobby-Radfahrer, so wie ich es bin, pro Woche rund 10 bis 12 Stunden auf dem Rad sitzt und laut Garmin rund alle 10 bis 11 Wochen vier Batterien getauscht werden müssen, stellt sich die Frage, wann hier auf die Ökoeffizienz geachtet wird und Akkus verbaut werden, die einfach und effizient über eine USB Schnittstelle aufgeladen werden können?
An dieser Stelle von mir noch die wichtige Information: Alte Batterien und nicht mehr funktionsfähige Akkus gehören nicht in den Hausmüll, da sie zahlreiche Schwermetalle enthalten und dadurch die Umwelt schädigen können. Schützt die Umwelt und entsorgt bitte Altbatterien und Akkus in Sammelboxen im Supermarkt – meistens im Eingangsbereich, an der Kasse oder direkt im Elektronikfachgeschäft. Die wertvollen Rohstoffe, die in den Stromspeichern enthalten sind, werden so wieder dem Rohstoffkreislauf zugeführt.
Schwache Batterien bedeuten ungenaue Messwerte
Ein Hinweis noch an dieser Stelle: Zeigt der Garmin Empfänger, in meinem Fall der Edge 1000 an, dass die Batterien des Leistungsmessers schwach sind, dann werden die Werte unmittelbar ungenauer und schwanken gerne mal zwischen +/-100 Watt um den eigentlichen Wert. Hier hätte ich mir gewünscht, dass Garmin dies besser hinbekommt, denn Fakt ist, dass bei einem Ultrarennen über zwölf und mehr Stunden der Wattmesser schlichtweg nicht geeignet ist.
Zum Gewicht
Im Vergleich zum Look Keo Classic, der mit 257 Gramm zu Buche schlägt, liegt der Garmin Vector 3 bei 322 Gramm. Im Vergleich zum Vorgängermodell Garmin Vector 2 schneidet der Garmin Vector 3 beim Gewicht besser ab. Während beim Garmin Vector 2 das Gewicht noch bei 179 Gramm pro Pedal (ohne Schuhplatte und Montagesatz, Pedal plus Pedalsender) lag, kann beim Gamin Vector 3 eine Verbesserung des Gewichts (bezogen auf den von Garmin angegebenen Wert) um 11,7 Prozent verzeichnet werden.
Thema Genauigkeit
Die für den Garmin Vector 3 angegebene Genauigkeit von +/- 1 Prozent kann ich bis 290 Watt bestätigen, danach werden die Werte diffuser und ungenauer, Abweichungen bis zu 10 Prozent können ab 400 Watt durchaus auftreten. Bei der Bestimmung der Werte habe hierzu die Wattwerte des Garmin Vector 3 mit den Werten eines kalibrierten Cyclus II verglichen.
Diese Werte wurden innerhalb eines Stufentests aufgezeichnet. Die ermittelten Werte sind stabil und werden ohne gravierende Zeitverzögerung an den Empfänger kommuniziert und dort angezeigt. Während meiner Testzeit gab es keine Aussetzer nach oben oder unten, die Wattwerte wurden stabil dargestellt. Ich habe die Zeit vom Moment, in dem ich mehr Kraft auf die Pedale geschickt habe, bis zur visuell sichtbaren Änderung der Wattzahlen auf der Anzeige meines Displays am Edge 1000 beobachtet. Die Feedbackzeit lag bei rund einer Sekunde, was für meine Radfahrambitionen absolut ausreichend ist.
Problem Pedalsender eliminiert
Ich bin vor diesem Test über eineinhalb Jahre den Garmin Vector 2 mit meinem Focus Izalco Max mit SRAM Etap gefahren. Bei der Inbetriebnahme des Garmin Vector 2 war eine komplexe und komplizierte Einstellung des Tretwinkels notwendig. Meine Erfahrung war, dass der Pedalsender immer und immer wieder Probleme bereitete. Wenn ich hohe Wattzahlen – zum Beispiel bei einem Sprint – fuhr, hatte ich im Schnitt bei fünf von zehn Ausfahren ein Problem mit dem Pedalsender, da dieser unter anderem durch das Kettenblatt am Verbindungsstück zwischen Pedal und Sender durchgetrennt wurde und nicht mehr funktioniert. Zweimal habe ich den kompletten Sender beim Sprint verloren.
Dieses Problem hat Garmin durch die Elimination des Pedalsenders am Vector 3 ausgeräumt. Dadurch, dass nun alles im Pedal verbaut wurde, kommt es nicht mehr zum Kontakt mit Kette oder Kettenblatt. Selbst die um 0,2 mm herausstehenden Pedalachsen taten dem Betrieb und hohen Wattzahlen keinen Abbruch.
Unterwegs mit dem Garmin Vector 3
Bei meinen Testfahrten bei Wind und Wetter sowie auf der Rolle war eines klar absehbar, der Garmin Vector 3 läuft souverän und hat nur bei abnehmender Batteriestärke ein paar Aussetzer. In Summe liefert er verlässliche Werte, egal ob auf der Zeitfahrmaschine, dem Rennrad oder dem Crosser montiert und egal ob bergauf oder bergab bzw. in der Ebene.
Getoppt wird all das durch die Tatsache, dass die Pedale binnen weniger Minuten auf unterschiedlichen Rädern montiert werden können, ohne dass die Pedale neu ausgerichtet oder kalibriert werden müssten. Einfach dranschrauben, mit dem Empfänger verbinden, Kurbellänge einstellen und einen Zero Set Kalibration durchführen. Dies alles dauert in der Regel maximal fünf Minuten und ist für jemanden, wie mich, der vier verschiedene Räder mit Wattmessung fahren möchte, herausragend.
Welche Möglichkeiten bieten die Cycling Dynmamics und warum sollte man vielleicht auch einen Garmin Empfänger haben?
Der Vector 3 misst, so wie es auch auf der Garmin-Seite beschrieben wird, neben der Gesamtleistung auch die Trittfrequenz sowie die Kraftverteilung von links und rechts. Auch die erweiterten Cycling Dynamics sind verfügbar und nutzbar, damit das Training an die persönlichen Schwächen und Stärken angepasst werden kann.
Das Gerät speichert zum Beispiel, wann und wie lange man stehend oder sitzend gefahren ist. Das lässt Rückschlüsse auf die Effektivität der jeweiligen Position zu. Außerdem kann man die sogenannte Power Phase sehen, diese zeigt, wann im Tretzyklus die positive Antriebskraft beginnt und endet.
Der Platform Center Offset gibt an, wo die Kraft am Pedal angewendet wird, damit man stets sicher sein kann, dass die Schuhplatte richtig positioniert ist.
Der Upload funktioniert dank ANT+ und Bluetooth ebenso einfach, wie die Kopplung mit anderen Geräte, z.B. dem Forerunner 935 oder auch mit meinem Smartphone. Alles in allem hat mich der Vector 3 weitestgehend überzeugt. Der Anschaffungspreis von 999,99 Euro ist verglichen mit dem Vorgängermodell günstiger und im Vergleich zu anderen Wattmesssystemen akzeptabel. Fakt ist, dass auch der Vector 3 noch lange nicht am Ende der Entwicklungsfahnenstange steht. Für mich als Radsportlerin ist es ein tolles System, wenn man es mag, mit den Daten zu jonglieren, sich in bestimmten Zonen auszupowern und vor allem, wenn man strukturiert und zielorientiert trainieren möchte, ohne viele Junkmiles zu fahren.
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Text und Fotos: Katrin Schuhen